
Hattingen,
Eine aufblühende Kreisstadt an der
Ruhr, ist hervorgegangen aus einem uralten Reichshofe, dir
wahrscheinlich bis in die karolingische Zeit zurückreicht. Er wird
erst 990 genannt. Im Jahre 1905 schenkt Kaiser Heinrich II. Bei
seinem Aufenthalt in Köln diesen Hof dem Benediktinerkloster zu
Deutz, das in unserer Gegend reicht begütert war. Die älteren Formen
des Ortsnamens lauten Hatnicke, Hattneggen, Hattenyngen und sind
wahrscheinlich von dem germanischen Gau Hatterum abgeleitet, der
hier an die Ruhe stieß. Nach dem Reichshofe benannte sich ein
Edelherrengeschlecht, das 1218 mit Arnold von Hateneege zuerst
auftritt. Zu ihm gehörten 19 Unterhöfe der näheren und weiteren
Umgebung. Um sie vor den Bedrückungen der beutelustigen Ritter zu
schützen, stellte der Abt von Deutz um 1050 sie unter den Schutz des
Grafen von Berg, aus dessen Geschlecht bekanntlich die Grafen von
der Mark hervorgingen. Diese treten später als Vögte auf und
erhalten für den Schutz jährlich 20 Malter Hafer und 20 Mark in
Geld; auch waren die Hofesleute zu Hand- und Spanndiensten
verpflichtet. Als dann nach der Ermordung des Erzbischofs von Köln
1225 Hattingen viel unter Kriegsvolk zu leiden hatte, erkoren sich
die Höfe den auf dem Schlosse Clyff bei Hattingen wohnenden Herren
von Weite zum Schultheißen und Schützer, was zur Folge hatte, dass
der jeweilige Besitzer dieser Burg auch später vom Abte zu Deutz bei
einem Hofgericht zu Hattingen als Schultheiss eingeführt und belehnt
wurde. Der Herr vom Hause Clyff hatte noch bis 1827 Sitz und Stimme
im Kirchenrat gehabt.
Bei bei der nahen Lage an der
bergischen Grenze waren die Grafen von der Mark darauf bedacht, in
Hattingen einen ihnen ergebenen Ort zu haben. Schon um 1350 wurde
Hattingen eine Freiheit und als solche mit besonderen Vorrechten
ausgestattet. So befanden sich in dem Orte ein Freiplatz, wo selbst
keine Verhaftungen stattfinden konnten. Um die Freiheit Hattingen
zog sich ein Wall mit einem Wassergraben; auf dem Walle war ein
fester Zaun mit Pfählen. Da aber diese Art von Befestigung dem
wichtigen Platz nur geringen Schutz bot, so wurde in Stadt des tun
stakes und Hagens selbe mit einer ringmuren und Toren und trocken,
was 1590 geschah. Das bereits 1396 mit städtischen rechten
ausgestattete Hattingen hatte fünf Tore: Die Heggerpforte, die
Holtsenpforte, die Weilpforte, die Steinhagenpforte und die
Bruchpforte.
Die Stadt Hattingen gehört zu den
kleinen Städten der Mark; an der Spitze standen zwei Bürgermeister
und die zwölf aus der gemeinen Bürgerschaft. Die Einwohner waren in
Rotten eingeteilt und verteidigten im Kriegszeiten abschnittweise
ihre Mauern. 1412 bestanden die Gilden der Kaufleute und Bäcker, der
Fleischhauer und Schumacher und der Schmiede und Schneider, zu denen
1606 die der Wollenweber kam. Im Orte herrschte reges Leben und
Treiben. Hattingen gehörte zu dem kölnischen Quartier der Hansa, und
seine Kaufleute waren auf den Messen zu Worms und Frankfurt zu
finden. Von Interesse ist, dass um 1400 Hattingen eigene Münzen
schlug und zwar Silberpfennige; doch scheint die Münze bald
eingegangen zu sein.
Um 1581 wurde die Reformation
eingeführt, und schon bald bekannte sich der ganze Ort zur
lutherischen Lehre; 1781 fand wieder katholischer Gottesdienst
statt.
Auch trübe Zeiten hat Hattingen sehr viele erlebt. 1250, 1254, 1263
wüteten große Brände, 1581 herrschte die Pest in erschreckender
Weise, dass nur noch 178 Personen am Leben blieben. Im
niederländisch-spanischen Kriege lagen wiederholt spanische Truppen
im Orte; zu Beginn des 30-Jährigen Krieges brach wieder die Pest
aus, die 348 Menschen dahin raffte. Während des langen Krieges
nahmen Durchmärsche, Einquartierungen, Plünderungen und
Geldeintreibungen kein Ende. 1635 wurde Hattingen vom Oberst
Krassenstein mit 3000 Soldaten erstürmt und mit schwerer Geldbuße
belegt. Kein Wunder, dass die Bewohner es vorzogen, den Ort zu
verlassen und derselbe verödete. Auch im siebenjährigen Kriege lagen
verschiedentlich Franzosen hier, die 1758 die Stadt ausplünderten
und sogar in Brand stecken wollten. Nur auf dringendes Bitten ließen
sie davon ab, nahmen aber die beiden Bürgermeister, zwei Geistliche
und zwei Bürger als Geiseln mit, die sie später gegen Erlegung von
6000 Talern freiließen.
Der Kohlenbergbau und die Henrichshütte
haben in unserer Zeit Hattingen mächtig emporblühen lassen. Die
Stadt zählt heute 14663 Einwohner. Im Stadtwappen sieht man unter
der Mauerkrone das Bild des Heiligen Georg, wie er den Drachen
tötet.
Besondere Erwähnung verdient der sich
jetzt im Hofe des Amtshauses befindliche Horkenstein. Er lag früher
in der sogenannten "Egge" bei Linden an der Ruhr. In den 70er Jahren
war er herabgestürzt und sollte, da er ein Verkehrshindernis
bildete, aber wegen seines gewaltigen Gewichtes nicht fortgeschafft
werden konnte, gesprengt werden. Auf Veranlassung des Amtmanns
Schumacher wurde der Stein auf Schlitten nach Hattingen gebracht. Er
ist kein eratischer Block, der in der Eiszeit nach hier kam, sondern
ein mächtiger Kohlensandstein. Seine Länge beträgt gegen 3 Meter,
die Breite und Höhe 1 bis 1½
Meter; das Gewicht ist rund 20.000 Kilo. Bei genauerem Zusehen
bemerkt man eine von oben nach unten gehende Rinne, die in Stein
gehauen ist. Das lässt den Schluss zu, dass es sich um einen
Opferstein unserer Vorfahren handelt. Und in der Tat hat der
Horkenstein in einem der Göttin Hertha geweihten Heine gelegen. Im
mondhellen Nächten haben hier heidnische Priester in weißen
Gewändern Menschen und Tieropfer dargebracht. Die Rinne diente zum
Ablassen des Blutes.
Die Sage erzählt natürlich die Herkunft
des Horkensteines auf ihre Weise. Der Teufel, erbost über die ihm
vom heiligen Ludgerus von Werden in Niederwenigern erbaute
christliche Kirche, beschloß , diese zu vernichten. Zu dem Zwecke
holte er aus dem Morgenlande einen gewaltigen Felsblock und
schleppte ihn mit großer Mühe bis hierher. Da er aber die Richtung
verloren hatte, setzte er sich, erschöpft von der Reise, abends in
Linden nieder. Da hörte er von einem des Weges kommenden jüdischen
Handelsmann, dass es noch sehr weit bis Niederwenigern sei. Der
Fluss den er sähe, sei der Jordan. Voller Wut war Satan den Stein
auf die Erde mit den Worten: "Nu häff eck dat Schleppen awer satt."
So lag der Stein in der "Egge" bei Linden. |