
Wie bereits gesagt wurde, übte das
Schultheißenamt über Hattingen der Besitzer der vor den Toren
liegenden Burg, jetzigen
Ruine Klyft
aus. Dieselbe erhebt sich einer
schroffen Felsenklippe, von welcher sie auch den Namen trägt. Dieser
von der Natur bevorzugte Platz trug schon in der frühesten Zeit ein
stolzes Herrenhaus, zudem auch die jenseits des Ufers liegende Mühle
gehörte. Im 13. Jahrhundert finden wir die von Weite, für sich zum
Klyff benannten. Ihr Einfluss über die bäuerlichen Grundsitzer
wuchs, als der Graf von der Mark, dessen Mühle durch das Eis der
Ruhr zerstört worden war, mit dem Herrn von Klyff einen Vertrag
schloss, der dahinging, dass der Graf auf die Wedererbauung seiner
Mühle verzichtete und dafür die Hälfte Mahlgeldes aus der Klyffer
Mühle erhielt. In Urkunden erscheint zuerst 1251 ein Ritter Johannes
auf Klyff, dessen festes Haus eine Burg genannt wird. Bald überträgt
auch der Abt von Deutz in "Klyffern" das Schultheißenamt über die
Hattinger Höfe des Klosters. Friedrich von Weite verrechnet 1270 mit
dem Abte die rückständigen Pachtabgaben und verpflichtet sich, das
Schultheißenamt nicht ohne Zustimmung das Klosters zu verkaufen. Als
dann 1329 die Herren von Klyff den Rittern von Hattneggen die
Gerichtsbarkeit über die dortige Markgenossenschaft abkauften, da
war ihre angesehene Stellung noch mehr gefestigt.
Als ritterliche Dienstmannen finden wir
sie nun in den vielen Kriegen und Fehden der märkischen Grafen.
Bekannt wurde Johann von Weite zum Klyff, der für den Grafen
Engelbert III. In Dortmund 60 Mark Rente erhebt und überhaupt zu den
Vertrauten des Grafen gehört. An der Schlichtung der großen
Dortmunder Fehde 1389 und an der Herbeiführung eines Vergleichs hat
er hervorragenden Anteil. Die 14000 Gulden, die er bei dieser
Gelegenheit für den Grafen von den Dortmundern herausschlägt,
erfreuten diesen so sehr, dass er dem Vermittler ein Geschenk von 40
Gulden anbot. Johann von Weite, der keine Kinder hatte, vermachte
den Rittersitz seinem Neffen Konrad von Overhus, genannt Lebbing.
1497 folgten auf Klyff die von Krickenbeck, genannt Spoir, welche
dort 100 Jahre saßen und dann 1513 das Gut an die von Luitzenroidt
verkauften. Diese bauten die Burg aus, so dass sie "in vollem Flor"
stand. Zwischen den Luitzenroidts, die katholisch waren, und den
Bewohnern der Stadt Hattingen, kam es dieserhald zu hartnäckigen
Zwistigkeiten.
In den folgenden Jahren ging die Burg
Klyff durch verschiedene Hände. Der Grund ist leicht zu erraten.
Auch die Herren von Klyff brauchten für ihr nobles Leben, das damals
zum "guten Ton" gehörte, Geld und immer wieder Geld. So wurde ein
Hof nach dem anderen verpfändet oder verkauft, bis auch der Ritter
Sitz selbst an die Reihe kam. 1640 bekam ihn Arnold von Elberfeld
auf Haus Herbede durch Heirat mit der Witwe Wilhelms von
Luitzenroidt; von ihm kaufte ihn Johann Dietrich von Syberg, der auf
Kemnade saß. Er erhielt vom großen Kurfürsten, dem er eine Summe
Geldes gab, die bürgerliche und Strafgerichtsbarkeit, die sich auf
das Gut Klyff mit den Nebenhöfen und den alten Reichshof Hattingen
erstreckte, ausgenommen "die Urteile in Malefizsachen so Leib und
Leben betreffen." Für diese war das brandenburgische Gericht in
Kleve zuständig. Der Sohn Johanns von Syberg war im Zweikampf mit
seinem Schwager gefallen und so kam Klyff durch Heirat mit der Witwe
an Johann von der Reck. 1688 kauften es die von der Heiden, die auf
Haus Bruch wohnten.
Nun sah Klyff wieder frohe und lustige
Tage; denn die neuen Besitzer liebten die Freude. Da man es sich
leisten konnte, so wurde die Burg von Grund auf renoviert. Auch der
Verwalter oder Rentmeister erhielt ein neues Haus in der Nähe der
alten Ruhrbrücke. Mehrere Generationen hindurch war dieses Amt in
der Familie Wallbaum erblich gewesen, und so heißt das Haus, welches
als einziges die Stürme der Zeit überdauert hat, heute noch Haus
Wallbaum. Auf Klyff und Bruch folgte ein frohes Fest dem andern, ist
auch hier die Geldknappheit eintrat. Zum großen Teil trugen an der
Verarmung die Burgfrauen ihre Schuld. Von einer derselben, einer
Freifrau Dorothea Lowisa Clamor von dem Busche-Neuenberg, erzählt
der Volksmund folgende Begebenheit:
Mit ihrer Freundin stand sie auf dem
Söller und zeigte dieser den reichen Besitz im weiten Umkreise.
Dabei sagte sie stolz, dass der Reichtum von Klyff so fest gegründet
sei, dass er wohl nie zu Ende gehen würde. Ihre Freundin verwies ihr
die vermessenen Worte und erinnerte an die wechselnden Launen der
Glücksgöttin. Aber in ihrem Übermute zog Dorothea einen kostbaren
Ring vom Finger, warf ihn in die Ruhr und rief: " So gewisslich als
dieser Ring nie mehr in meine Hand kommt, so sicher steht das Glück
von Klyff"! Aber siehe nach einer Woche brachte die Köchin den Ring
ihrer Herrin. Sie hatte ihn im Magen eines Fisches gefunden.
Erschrocken erinnerte sich die Burgherrin ihrer Worte. Aber es war
zu spät.
Mit Glück und Reichtum der Klyffer war
es bald zu Ende. 1750 erwerben die von Aussen die Burg, ihnen folgte
der Freiherr von König. Im 19. Jahrhundert reiten sich an die von
Düngelen, Berswordt-Wallrabe, Bölling und Weygand. 1877 wurde Klyff
aus der Reihe der Rittergutssitze gestrichen. Völlig verwahrlost
ging es in den Besitz der Familie Birschel-Hattingen über, die dort
große Mühlengebäude anlegte.
Nur wenige Mauerreste sind erhalten. An der Bahnhofstraße steht ein
alter Torbogen mit der Inschrift: "...mehr tadlers als künstlers.
Ferd. Sigis. Wenem. Freih. von Heiden." Der jetzt verschüttete
Springbrunnen ließ folgende Worte lesen:
Duximus in montem vicino ex flumine
fontem.
(Das Wasser des nahen Flusses leiten
wir auf den Berg).
Vielleicht hat der damalige Besitzer
von Haus Kliff neben dem rauen Kriegshandwerk auch Zeit gefunden,
sich mit den schönen Künsten zu beschäftigen oder er hat sich den
Hexameter von seinem Schlosskaplan dichten lassen.
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