
Wetter
an
dem die Ruhr nun vorüber flutet, besteht aus dem Dorfe und der
Freiheit, letztere auf einem gegen 130 Meter hohen Felsen des
bewaldeten Ardeygebirges gelegen. Ohne Zweifel ist das Dorf älter
als die Freiheit. Es wird aus einem Edelhofe entstanden sein, der
den Namen Haus Wetter führte und von dem 1214 Friedrich „de Wettere“
urkundlich genannt wird. Im folgenden Jahr gaben er und sein Bruder
Bruno ihr Lehnsgut in Lünen an den Bischof Otto von Münster zurück,
der es dem Kloster Kappenberg zuwendet. In der Folge werden in
Urkunden viele Mitglieder dieser Familie, die recht weite
Beziehungen hatte, aufgeführt, und es ist interessant zu wissen, das
ein im 14. Jahrhundert nach Mecklenburg ausgewanderter Zweig des
Geschlechtes von Mallinckrodt sich dort "von Wetter" nannte.
Die
Entstehung der Freiheit Wetter geht auf die Isenberg'schen Wirren
zurück. Nach der Ermordung des Erzbischofs Engelbert von Köln durch
Friedrich von Isenberg, 7. November 1225, hatte sein naher
Verwandter, der Graf Adolf III. von der Mark, die größte Eile
möglichst viel aus dem Nachlaß des Mörders für sich zu gewinnen. Um
dies neue Gebiet gegen den Erzbischof von Köln behaupten zu können,
erbaute er 1226 die Burg Blankenstein und der alten Kölnischen
Trutzfeste Volmarstein gegenüber die Burg Wetter. Mit der
Verteidigung des Platzes betraute er Ritter, die dann als Burgmänner
von Wetter auftraten, z.B. von Mallinckrodt, von Ovelacker, von
Vaerst, von Wickede, von Boyle, vom Broke und andere. Sie besaßen ja
ein festes Haus vor oder in der Burg und dazu Ländereien als
Burglehen. Ihnen waren als Hilfe Bürger aus dem Orte beigegeben,
welche vom Grafen von der Mark Ackerland und Weiden gegen eine
geringe Abgabe erhielten. Sie bauten sich im Schutze der Burg an,
und ihre Nachkommen mögen wahrscheinlich noch heute die Freiheit
bewohnen.
Die
errichtete Burg bildete ein Viereck von 50 x 60 Meter Größe; der 26
Meter hohe Bergfried, der drohend ins Land blickt, ist noch gut
erhalten. Im Innern war das Verlies in welches Gefangene mit
Stricken hinabgelassen wurden. Die Wohnungen der Burgmänner lagen
nach Norden, wo selbst ein kleiner Turm stand. Ein Doppeltor an
dieser Stelle und eine Zugbrücke über den tiefen Burggraben im Süden
waren die einzigen Zugänge. Davor lag die 220 m lange und 120 m
breite Vorburg oder Freiheit, mit einem 10 m breiten Wassergraben
und starken Mauern bewehrt, die in der jetzigen Burgstraße ein
doppeltes Haupttor und an dem zur Ruhr führenden Wege das
„Wassertor“ hatte. So waren die Freiheit und Burg Wetter ein
wichtiges Bollwerk gegen die jenseits der Ruhr gebietenden
Erzbischöfe von Köln, und das Dorf Wetter tritt geschichtlich ganz
in den Hintergrund.
Die
Grafen von der Mark, der Wichtigkeit des festen Platzes eingedenk,
gewährten den Bewohnern viele Freiheiten und Rechte und weilten gern
in der Burg. Der kriegerische Engelbert III. starb hier am
Weihnachtstage 1391 und „ward gen Vrondenbergh geführt zur Begrabniß
durch 500 Gewapende umb siner Fiende willen“. Im Kloster Fröndenberg
hatten die Grafen von der Mark ihre Ruhestätte. Die Burg wurde im
Mittelpunkt eines Gerichtsbezirks, zudem auch Herdecke Volmarstein
und Wengern gehörten. Die Bewohner der Freiheit Wetter konnten aber
nicht vorgeladen werden, sondern unterstanden dem Bürgermeister und
Rat von Wetter. Um 1300 dürfte das Gericht zuerst aufgetreten sein.
Aus der Fülle der vorhandenen Urkunden sei die Vollstreckung eines
Todesurteils erwähnt, das ein Streiflicht auf das damalige Leben
wirft. Peter Lüning aus Schwelm hatte 1694 im Streite seine Frau
erschlagen. Er wurde verhaftet und in Ketten in das Gefängnis zu
Wetter gebracht, dass ich in der Burg befand. Nachdem das Gericht
ihn des Todes schuldig erklärt hatte, führte man ihn aus der Burg
auf die Zugbrücke. Dort stand die männliche Einwohnerschaft unter
Gewehr, und der Bürgermeister nahm den Mörder in Empfang. Es ward
ihm das Todesurteil noch mal verkündet, und nun wurde er von zwei
Geistlichen in die Mitte genommen, welche ihm auf seinem letzten
Gange Trost zu spenden suchten. Die ganze Gemeinde, Männer, Weiber
und Kinder begleiteten den traurigen Zug bis zur Grenze gegen
Herdecke hin, woselbst den Verbrecher wieder bewaffnete in Gewahrsam
nahmen, ihn auf einen Karren setzen und zur Richtstätte auf dem
Haarbrock führten. Dort wurde er gerädert und verscharrt. Seine
Liebste mit welcher der Mörder zusammengelebt hatte wurde gezwungen
der Hinrichtung beizuwohnen. Dann brachte man sie zum Pranger schlug
sie mit Routen und verwies sie des Landes.
In
der Burg Wetter war auch die Wohnung des Drosten oder Amtmanns des
Amtes Wetter. Die Drosten, dem niederen Adel entstammend, hatten
ursprünglich für den Tisch ihrer Lehnsherren zu sorgen gehabt später
wurde der Name ein bloßer Titel mit dem keine besonderen Leistungen
verbunden waren. Sie führten die Verwaltung eines bestimmten
Gebietsteiles der Grafschaft Mark, in unserem Falle also des Amtes
Wetter. Zu diesem gehörten ungefähr die heutigen Kreise Hagen und
Schwelm. Die Drosten beurkundeten Verträge, Vergleiche, Bündnisse,
nahmen in Streitigkeiten die Rechte ihres Herren wahr und waren
gehalten, in Weigerungsfällen die Stiftseingesessenen von Herdecke
mit Gewalt zur Nacheichung der Maße und Gewichte zu zwingen. Aus dem
Drosten gingen später der Amtmann und der Landrat hervor.
Zum
Unterschiede von der „Freiheit“ wurde das Dorf auch „Kerk-Wetter“
genannt, denn neben der aus dem 13. Jh. stammenden Burgkapelle,
welche der heiligen Katharina geweiht war, war im Dorfe eine um 1400
gebaute Pfarrkirche, deren Patronat die Grafen von der Mark hatten.
An der Kirche bestand die 1345 gestiftete „Bruderschaft unserer
lieben Frauen“, die alte Schützengilde. Nur Bürger konnten in diese
aufgenommen werden. Um 1550 traten die Bewohner von Wetter zur
lutherischen Kirche über. Ein 1629 erfolgter Versuch, mit Hilfe
Pfalz-Neuburgischer Truppen die Rückkehr zur katholischen Lehre zu
erzwingen, hatte keinen Erfolg vielmehr bürgerte sich das
reformierte Bekenntnis ein. 1822 vereinigten sich beide Gemeinden in
der Union. Infolge Aufblühens der Industrie nahm die Zahl der
Katholiken zu, die 1849 hier eine Missionsvikarie gründeten und 1891
eine prächtige Pfarrkirche erbauten.
In
Kriegszeiten hatte auch Wetter viel zu leiden. So hören wir, das
gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges von 82 Häusern 32 verwüstet
waren und der Ort von armen Tagelöhnern und Handwerkern, meist
Mauerleuten bewohnt wurde, denen ein Hochwasser die Ernte völlig
vernichtet hatte. Langsam erholte sich Wetter; 1714 gab es 98
Haushaltungen mit 346 Einwohnern, welche Messerschmiede und
Steinmetzen waren. Die Klingenschmiedeindustrie war 1664 durch den
Großen Kurfürsten eingeführt worden. Aber erst nach dem
Siebenjährigen Kriege konnte Wetter empor blühen, in dem 1784 ein
neuer Gewerbezweig, die Harkort'sche Stahlfrischerei einzog. die
1815 in die verödete Burg verlegt wurde. Diese hatte nämlich, als
Wetter dem Landgericht Hagen unterstellt wurde, 1780 das
westfälische Bergamt beherbergt, welches 1804 als Oberbergamt nach
Essen kam. In der Burg blieb das Märkische Bergamt. Als dieses 1814
nach Bochum übersiedelte, kaufte Friedrich Harkort die verfallenen
Burggebäude vom Staat an.
Heute zählt Wetter 9539 Einwohner. Im Wappen findet sich der
märkische geschachtete Querbalken und darüber die Schutzpatronin des
Ortes, die heilige Katharina mit einer neunzinkigen Krone.
Neuerdings beabsichtigt die deutsche Maschinenfabrik in Duisburg die
heute das Werk Wetter besitzt, das ehemalige Gebäude der Burg mit
Beamtenwohnungen zu bebauen.
Wetter verdankt seinen Aufschwung den Harkorten'schen Eisenwerken.
Friedrich Harkort 1793-1880 entstammte einer Industriellenfamilie
auf Haus Harkorten bei Haspe. Er machte die Befreiungskriege mit und
widmete sich dann ganz der Industrie. Vorausschauend erkannte er die
ungeheure große Zukunft des Dampfes und ging daran, mit Hilfe
englischer Ingenieure Dampfmaschinen zu bauen, die als Bohr- und
Hobelmaschinen Verwendung fanden. Ihnen folgten die Fördermaschinen,
die dem gerade beginnenden Tiefbau der Zechen gewaltige Dienste
leisteten. Auch Maschinen für Dampfschiffe gingen aus seiner Fabrik
in Wetter hervor. Als einer der ersten legte er bereits 1825 den
Städten Pläne zur Anlage von Eisenbahnen vor, welche die märkischen
Kohlen und Eisenfabrikate schnell und billig in die deutschen Lande
bringen sollten. Aber allerorts begegnete man ihm mit Misstrauen und
lachte über den Projektenmacher. Als dann 1848 endlich die
Bergisch-Märkische Bahn in Betrieb kam, zu der Harkort die Anregung
gegeben hatte, da war niemand froher als er selbst. Überhaupt war
ein hervorstechender Zug seines Charakters, in uneigennütziger Weise
anderen gutes zu tun. Stolz zeigte er Freunden die Einrichtung
seiner Werke und freute sich, wenn an anderen Orten ähnliche
Unternehmungen entstanden, ja, er gab sogar Geld her, um solche
Fabriken ins Leben zu rufen.
Neben der Sorge für den wirtschaftlichen Aufschwung der Grafschaft
Mark war es die geistige Hebung und Bildung des Volkes, die seine
Tätigkeit in Anspruch nahm. Unvergänglich sind die Verdienste,
welche Friedrich Harkort als Privatmann und Parlamentarier sich für
die Volksbildung erworben hat. Alle Zeit gab er neue Anregungen und
Winke und griff selbst tief in den Geldbeutel, um Schulen zu bauen
und tüchtige junge Leute zu Lehrern ausbilden zu lassen. Was aber
die nutzbringende Ausbeutung seiner Ideen angeht, so kann man mit
Recht sagen, dass er anderen das Bett gemacht hat, in welches sie
sich nur hineinzulegen brauchten.
So
war es eine heilige Pflicht der märkischen Gemeinden, ihrem großen
Wohltäter das Harkort-Denkmal zu errichten. Man wählte dazu den
„alten Stamm“, der nun Harkortberg heißt und in der Nähe von Wetter
aus einem Kranze herrlicher Hügel hervorragt. Das Denkmal ist 1884
erbaut und mit dem Vincke-Denkmal auf Hohensyburg und dem
Stein-Denkmal auf dem Kaisberg so recht geeignet, das Andenken an
diese drei großen Volksmänner lebendig zu erhalten. Auf dem
Harkortberg werden alljährlich im August die großen Volksturnfeste
abgehalten.
Quelle: Lenhäuser, A.. Klöster, Burgen und feste Häuser an der Ruhr. Von Hohensyburg bis zur Ruhrmündung. Essen 1924
Kreis- und
Stadt-Handbücher des Westfälischen Heimatbundes:
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