
Auf einem steil zur Ruhr abfallenden
Vorsprung des Ebbegebirges schaut ein alter Turm mit morschem
Mauerwerk hinab. Es sind die wenigen Überreste einer stolzen Burg,
deren Besitzer durch deutsche Mannestreue sich auszeichneten,
schnell emporstiegen, aber nach kurzer Blüte hinabsanken und
untergingen.
Burg Volmarstein.
Sie
hat eine so interessante Geschichte, dass es sich verlohnt, etwas
weiter auszuholen. Nikolaus Kindlinger, der bedeutendste
westfälische Geschichtsforscher, schrieb 1801 ein zweibändiges Werk
über die „Geschichte der Familie und Herrschaft Volmestein“, der wir
in der Hauptsache folgen, doch nicht ohne die neueren Forschungen zu
berücksichtigen. Vorab sei bemerkt, dass der eigentliche Name
Volmestein ist, nach dem alten Bett der Volme benannt, deren Spuren
man in den sumpfigen Stellen am Kaisberg erkennt. Die alten Urkunden
haben die Form Folmudestede, Volmodesten, Vulmunsten, Volmodstein,
Volmudestein u. ä. Der jetzige Besitzer schreibt sich infolgedessen
von der Recke-Volmerstein.
Für
die älteste Geschichte des Geschlechtes sind wir auf Vermutungen
angewiesen, doch scheint es gewiss zu sein, daß es ein uraltes,
freies Geschlecht des Sachsenstammes war, welches den Oberhof „Folmudestede“
besaß, zu dem eine Anzahl Unterhöfe gehörte. Der Besitzer desselben
stand in Friedenszeiten dem Hofgericht der Bauerschaft vor und
führte in Kriegsläuften die Wehrmannen gegen den Feind. Aus diesem
achtbaren Geschlecht, das weithin bekannt war, stammte auch
Radbaldus von Volmoidstein, der von 1002 bis 1022 Abt des Klosters
Werden war. Die Volmesteiner standen im Dienste der mächtigen
Erzbischöfe von Köln, die nach dem Sturze Heinrichs des Löwen auch
die Herzogswürde in Westfalen erlangt hatten. Diese werden wohl als
die Erbauer der ersten Burg anzusprechen sein, welche sie dann ihren
erprobten Volmesteinern als Lehen überließen. Wahrscheinlich geschah
dies um das Jahr 1100. Die Volmesteinee waren den Erzbischöfen
unbedingt ergeben und an ihrem Hofe gern gesehen. 1184 hatte Gerhard
von Volmestein das Schenkenamt inne, 1200 war er Vogt in Köln; und
1216 besaßen sie das Marschallamt. In solchen Würden finden wir sie
als geachtete Herren im Deutschen Reiche. 1167 sind die Vertreter
der erzbischöflichen Ministerialen und der Bürgerschaft von Köln bei
einem Bündnis mit dem Erzbischof von Magdeburg, und als Erzbischof
Rainald von Köln in Italien starb, war es kein Geringerer als der
Kaiser Friedrich Barbarossa selbst, der einen sehr freundlichen
Brief an Heinrich von Volmestein schrieb und ihn veranlasste, für
seinen Schützling Philipp von Heinsberg als Erzbischof von Köln
einzutreten. Und wirklich wurde auch dieser gewählt.
Die
Macht und der Einfluss der Volmesteiner, die sie geschickt
auszunutzen wussten, stiegen fortwährend. Im Besitze umfangreicher
Güter, die sich bis in das Münsterland hinzogen, der Lehnshoheit
über eine Anzahl Höfe des niederen Adels, wie von Mallinckrodt, von
Dobbe, Vaerst, Ovelacker und andre, des Vemegericht, des Freistuhls
zu Volmestein und einer festen Burg, waren sie schon bald aus dem
Stande der Ministerialen in den der "Nobilis", der Edelherren
gestiegen.
Doch
haben sie es nicht zur Grafenwürde bringen können, weil eben der
Sturz des Geschlechtes zu früh kam. Dagegen gelang es ihnen, infolge
ihres Reichtums und Ansehens in gräfliche Familien hineinzuheiraten,
was von denen von Limburg, von der Mark, von Dortmund und anderen
bezeugt ist. Die Erzbischöfe von Köln aber belohnten die Ergebenheit
ihrer Vasallen in der Weise, dass sie den Volmedteinern die Vogteien
des Stiftes Herdecke und ihrer Güte bei Soest übertrugen, worauf
auch die Klöster Deutz und Siegburg sich an die von Volmestein um
Schutz ihrer Besitzungen wandten.
Viele Mitglieder der Familie finden wir im Dienste der Kirche. Der
Abt Ratbaldus von Werden wurde schon erwähnt. Von einem Gerwinus von
Volmundstein wird uns eine rührende Geschichte erzählt. Als wackerer
Jüngling verließ er die Burg seiner Väter und zog nach Ritterart in
die Fremde. Nach langer Fahrt gelangte er ins Bayerland, wo er mit
dem jungen Markgrafen Theobald innige Freundschaft schloss. Zu
zweien zogen sie aus, um an Fürstenhöfen im Turnier eine ritterliche
Kunst zu zeigen und von edler Frauenhand sich die Stirn mit dem
Preise schmücken zu lassen. Bei einem solchen Kampfe traf Gerwinus
mit seinem Freund Theobald zusammen und seine Lanze durchbohrte den
Hals desselben. Von dem furchtbarsten Schmerz überwältigt, entsagte
er dem Rittertum und zog sich in das Kloster Siegburg zurück, um
hier in geistlichen Übungen Buße zu tun. Aber Theobald war
glücklicherweise nicht tödlich getroffen worden und schon bald
wieder hergestellt. Versuche, seinen Freund zu finden blieben ohne
Erfolg. So vergingen Jahre. Gerwinus war unterdessen von seinen
Ordensobern in das Bayerland geschickt worden, um hier eine neue
Ordensniederlassung zu gründen. Da trifft er mit Theobald im Walde
zusammen, der seinen alten Waffenbruder an einer Narbe an der Stirn
erkennt. Groß war die Freude des Wiedersehens, bis an ihr Lebensende
haben Fürst und Mönch wieder innige Freundschaft gehalten. Ein
Gottschalk von Volmestein war Domherr in Köln, Eberhard von
Volmestein Propst und Kanonikus in Soest, andere bekleideten
dieselben Stellen in Köln, Münster und Osnabrück.
Von
weiblichen Mitgliedern war nach der Überlieferung Frederuna, die
Stifterin des Klosters zu Herdecke aus dem Volmestein'schen
Geschlecht, wie denn nach Herdecke sehr viele Beziehungen der
Volmesteiner gingen. Ständig waren Stiftsdamen aus diesem
Geschlechte dort, und einige von ihnen standen den Kloster als
Äbtissinnen vor, so Hedwig 1229-1253, Lutgardis 1263-1272 und
Mechthild um 1298. Diese Zeit wallfahrte viel Volk zu einer frommen
Klausnerin Gertrud von Volmestein, die in der Nähe der väterlichen
Burg, im dichten Walde ihre Hütte hatte und um deren Gebet man
flehte.
Die
eigentliche Geschichte der edlen von Volmarstein beginnt mit dem
Jahre 1234. Der Besitzer der Burg, Heinich, der mit Sophie von
Isenberg vermählt war, hatte seine Vogtsgewalt über dass ihm
anvertraute Stift Herdecke und die Besitzungen anderer Abteien
missbraucht, und auf diese Weise war das bisherige gute Einvernehmen
mit Köln gestört worden. Der damalige Erzbischof Engelbert der
heilige wird den Volmesteiner an seine Pflichten erinnert haben,
aber er fand einen trotzigen Vasallen, der bald im Bunde mit seinem
Schwager, Friedrich von Isenberg, zu den Feinden des Erzbischofs
gehörte.Ob er an der Ermordung des letzteren teilgenommen hat, darf
bezweifelt werden. Als aber der Nachfolger Engelberts auf dem
erzbischöflichen Stuhle Heinrich von Molemark mit Waffengewalt gegen
den Mörder und seinen Anhang einschritt, musste auch Heinrich von
Volmestein die Rache treffen. Er fiel in Ungnade, und seine Burg
wurde ihm genommen. Das "Burggrafenamt" kam an andere Adelige
Dienstmannen des Erzbischofs, von denen 1243 Goswin von Menden und
Lubbert von Swansbube genannt werden. Das gute Verhältnis von ehedem
ward, solange Heinrich lebte, nicht mehr eingestellt.
Dagegen finden wir seinen Sohn, Diedrich von Volerstein, wieder in
der Gunst des Erzbischofs und dem Besitze der väterlichen Burg. Als
in der großen Fehde des Erzbischofs mit den
Kölner Bürgern, den Grafen von Berg und von der Mark die Schlacht
bei Worringen zu Ungunsten des Erzbischofs ausfiel, musste auch
Volmestein die Rache des Siegers fühlen, es wurde 1288 durch den
Grafen von der Mark zerstört. Aber im Friedensschlusse vergaß der
Erzbischof seinen treuen Vasallen nicht.
Dietrich von Volmarstein ward ausdrücklich in denselben
eingeschlossen, und 1292 ließ sich der Erzbischof sogar vom
deutschen Kaiser die Zusicherung des Aufbaues von Volmestein geben.
Wann dieser erfolgte, ist nicht festzustellen, aber der Volmesteiner,
welcher den Kaiser und den Erzbischof im Rücken hatte, wird sein
Möglichstes getan haben, um wieder in einer festen Burg zu sein. Er
starb 1314.
Ihm
folgte sein Sohn Dietrich der zweite, der wie seine Ahnen ein treuer
Anhänger des Erzbischofs war. Diese Treue hat den Untergang von
Volmesteins gebracht. Im Jahre 1314 waren aus der Kaiserwahl Ludwig
von Bayern und Friedrich von Österreich hervorgegangen. Jeder suchte
und fand Anhänger. Zu letzterem hielten Köln, der Volmesteiner und
auch Graf Engelbert von der Mark, welche in der Schlacht bei
Mühldorf 1322 gegen Ludwig kämpften. Aber dieser siegte. Da verließ
Engelbert den Habsburger und trat zur bayerischen Partei über,
welche bald am Rhein und in Westfalen vorherrschend wurde. Der
Erzbischof saß in seiner festen Stadt Soest, von seinen Feinden
eingeschlossen. Das erschien Engelbert als der beste Zeitpunkt, das
seiner festen Burg Wetter so bedrohlich gegenüber liegende
Volmestein zu zerstören. Die gerade am Rhein weilenden Anhänger des
Bayern, nämlich der König Johann von Böhmen und die Grafen von Berg
und Jülich schlossen sich dem kriegerischen Unternehmen an, und
Montag vor Christi Himmelfahrt 1324 "bestalde (belagerte) Greve
Engelbrecht dat Slott Volmensteyn, ind up Sente Jakobs Dag quam he
darinne und toebrack (zerstörte) dat." Wenn sich aber die Burg vom
22. Mai bis 25 Juli einer solch starken Macht gegenüber halten
konnte, so ist dies ein Beweis sowohl für die Festigkeit der Mauern
als auch für den Mut der Verteidiger, die unerschütterlich auf die
Hilfe des Erzbischofs warteten. Aber dieser, selbst in Not, konnte
ja nicht helfen. Wer die Verteidigung der leitete, ist geschichtlich
nicht mitgeteilt, es ist aber wohl bestimmt, dass die Familie
Volmarstein sich nicht in ihrem Stammsitze befand, da sie sonst
sicher genannt worden wäre. Möglicherweise wari Diedrich schon
vorher gestorben oder in der Schlacht bei Mühldorf gefallen, und
seine Gattin war mit ihrem unmündigen Sohne Dietrich III. auf ihre
Güter im Münsterland geflüchtet. Die stolzen Herren von Volmestein
aber waren von ihrer Höhe gestürzt, und wir finden Sie in der Folge
wieder unter dem niederen Adel.
Die
Burg wird wohl kaum völlig zerstört worden sein, dafür war Engelbert
von der Mark, der sich hier einen festen Platz schaffen wollte, zu
vorsichtig. Wir erfahren nämlich dass Volmestein unter dem Grafen
Adolf von der Mark 1340 wieder aufgebaut worden sei, der sie nach
einer Fehde mit dem Erzbischof Walram 1345 wieder "schlechtmachen"
sollte, aber dies unterlassen hat, denn schon bald wird Volmestein
neben Altena, Blankenstein und Wetter als eine der vier Hauptburgen
des märkischen Landes genannt. Die Grafen von der Mark aber im
Besitze Volmesteins und dessen Lehen hatten ihre Hausmacht um ein
Bedeutendes vergrößert.
Dietrich III. hatte sich auf die Besitzungen seiner Mutter
zurückgezogen, wo er grollend über das Unglück seines Hauses 1350
starb. Sein Sohn Dietrich IV. wurde aber schon bald Lehns- und
Burgmann des früheren Feindes seines Geschlechtes, des Grafen Adolf
von der Mark, der ihn in den Kreis seiner nächsten Umgebung zog. Er
scheint sich mit dem Geschick ausgesöhnt zu haben, denn er schloss
mit Adolf eine feste Waffenbrüderschaft und stand diesem treulich in
den vielen Fehden bei, so in der großen Fehde gegen die Stadt
Dortmund. Als lebenslustiger Ritter war er Schmausereien, Jagden und
Lustbarkeiten nicht abhold, so dass er die wenigen geretteten
Volmarstein'schen Einkünfte und Güter seines Privatbesitzes
verkaufen musste und sein Rentmeister oft nicht wusste, wovon er die
Schulden seines Herrn bezahlen sollte. Er starb 1396, und ihm folgte
der letzte aus dem Stamme der Volmesteiner: Johann. Mit ihm starb
1429 das Geschlecht aus. Seine Tochter Agnes, die mit Godert von der
Recke vermählt war, brachte die Güter an dieses Geschlecht, dass
sich später von der Recke-Volmerstein nannte und in den Grafenstand
erhoben wurde.
Das
Wappen der Volmesteiner sind drei von einer roten Kugel ausgehende
schwarze Blätter. Das älteste dieser Siegel findet sich bereits
1218.
Von
Diedrich von Volmestein geht eine Sage im Volke um. Er war ein
fehde- und rauflustiger Ritter, der schon manchen armen Bauern
getötet hatte. Einst ritt er mit seinem Knechte auf die Jagd. Am
Eingange eines Tannenwaldes stand ein Mann und hielt den Hut. "Dich
hole der Teufel!" ruft der Volmesteiner, doch wirft er ihm ein
Geldstück hin. Erschreckt bemerkt der Knecht dass dieses durch den
Hut auf die Erde fällt. "Herr es ist ein Geist!" spricht er, doch da
ist die Gestalt schon verschwunden. Weiter geht die Jagd; doch siehe
am Wegesrand steht wieder der Mann und bettelt. Da zieht Diedrich
die Peitsche und schlägt auf die Gestalt ein, - aber der Streich
geht durch leere Luft. Nach einer Stunde steht im Eichendickicht zum
dritten Male der Bauer da. Da fasst den wilden Volmesteiner die Wut;
mit dem Schwerte will er ihn treffen, aber hohnlachend verschwindet
die Gestalt. Voller Grauen lässt der Ritter die Zügel los und das
Pferd geht mit ihm durch, ohne dass der Knecht zu folgen vermag.
Nach langem Suchen findet er seinen Herrn, von einer Astgabel
gefasst, erhängt vor;
"Das
Ross floh unter ihm fort in Hast.
So büßte der schnöden Taten Last.
Der Junker von Volmestein"
Müller von Königswinter.
Unterhalb der Burg, neben welcher heute
ein Kriegerdenkmal und ein an die Römerzeit erinnern des Schutzhaus
steht, liegt die Freiheit Volmarstein. Die Bewohner sind zum Teil
als Nachfolger der alten Burgmänner anzusehen, unter welchem Namen
sie noch 1750 vorkommen. In früherer Zeit oblag ihnen die
Verteidigung der Burg, und dafür hatten sie von den Edlen von
Volmestein Freiheit von Schatzung und Diensten erhalten, welche
Rechte ihnen später von den Grafen von der Mark bestätigt wurden.
Die Häuschen im Orte sind recht sehenswert
Quelle: Lenhäuser, A.. Klöster, Burgen und feste Häuser an der Ruhr. Von Hohensyburg bis zur Ruhrmündung. Essen 1924
Kreis- und
Stadt-Handbücher des Westfälischen Heimatbundes:
Kreis Ennepe-Ruhr -
Stadt Hagen |