das ehemalige Konventsgebäude in Essen-Rellinghausen

Stiftsplatz 1

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Stift Rellinghausen

An der Ruhr, war in der ältesten Zeit selbstständiger Oberhof, der unter dem Namen "Ruoldinghus" im Besitze eines Eggihart und seiner Gattin Rickilt bereits im Jahre 947 vorkommt.  Um das Jahr 990  errichtete die Äbtissin Mechthildis II. von Essen auf diesem Hofe ein Frauenkloster mit einer Kapelle, die erste Filiale des Stiftes. Im Laufe der Zeit entwickelte sich dieses bald zu einem freiweltlichen damenstift für die Töchter des niederen Adels, die, wie in Essen, durch kein Gelübde zum Bleiben gezwungen waren. Ihre Vorsteherin war die Pröpstin, welche immer dem Essener Kanonissenkapitol angehörte. Doch gelang es den Rellinghauser Damen, ihre Abhängigkeit von Essen allmählich mehr und mehr zu lockern, eine eigene Gerichtsbarkeit zu bekommen und einen besonderen Schirmvogt zu erhalten, ja Kaiser Maximilian II. erkannte 1570 Rellinghausen selbstständiges Stift an, ebenso Ferdinand III. Im Jahre 1648.

Das führte zu bösen Streitigkeiten, da Essen die Reichsunmittelbarkeit 87Rellinghausens niemals anerkennen wollte und seine Hoheitsrechte oft mit Gewalt geltend mac1hte. Es gab im Stift einen "Vogtsrichter", der im Auftrage des Vogts, der auf der Baldeney wohnte, urteilte und den "Jungfernrichter", über deren beiderseitige Befugnisse es zu manchen unliebsamen Zwischenfällen kam. Es musste endlich  das Reichskammergericht in Wetzlar mit der Schlichtung der Angelegenheiten in Anspruch genommen. In dem Entscheid desselben vom Jahre 1661 gingen die Hoheitsrechte und die Gerichtsbarkeit im Stift Rellinghausen an die Fürstäbtissin zu Essen über, die nun das Landgericht zu Rellinghausen einsetzte, das bis zur Auflösung des Stiftes bestanden hat. Das freiweltliche Damenstift wurde 1804 weltliches Versorgungsheim für Beamten- und Offizierstöchter umgewandelt, bis es 1811 überhaupt aufgehoben wurde.

Die Damen haben wie in anderen ähnlichen Stiften ein recht freies Leben geführt. Sie standen in lebhaften Beziehungen zu ihren Verwandten, die meist auf den adeligen Häusern der Umgebung wohnten. Gegenseitige Besuche waren da an der Ordnung. Dann scheinen zwischen den Damen öfter Meinungsverschiedenheiten entstanden zu sein, zu deren kündigung dann Freunde und Verwandte gerufen wurden. Sie kamen oft wochenlang und wurden auf Stiftskosten verpflegt; sollen doch im Jahre 1619 dafür 2361 Gulden verausgabt worden sein.

Nach den Freiheitskriegen schlug man das Dorf Rellinghausen zur Landbürgermeisterei Steele, aus dem es 1876 als selbstständige Bürgermeisterei ausschied, um 1910 nach Essen eingemeindet zu werden.

Von der alten Stiftskirche, die 1822 abgebrochen wurde, bei welcher Gelegenheit man das Grabmal der Äbtissin  Mechthildis entdeckt, steht noch der im romanischen Stile erbaute Turm. Auch von den alten stiftsgebäuden ist nur noch das "Steinhaus" vorhanden. Von besonderem Interesse ist es, dass die Trauung des letzten Kurprinzen von Hessen Friedrich Wilhelm mit der geschiedenen Frau des Rittmeisters Lehmann, der späteren Gräfin von Hanau,  im Juni 1831 in der evangelischen Kirche zu Rellinghausen stattfand. Bei der Trauung fragte der Pastor Camphausen den Prinzen, ob diese rechten linken Hand geschehen solle, worauf der Prinz geantwortet haben soll: " Nun, so verheiraten Sie mich nur, wie sie jeden Bauernburschen verheiraten".

Als letztes Wahrzeichen der einstigen Gerichtsbarkeit steht heute noch der 1567 erbaute Gerichtsturm in der Oberstraße. Dicke Mauern umschließen zu ebener Erde einen Raum ohne Fenster mit zwei Zugängen. " Der welche Kerker aber, der in alten Zeiten für die Verbrecher benutzt wurde, ein unterirdisches, sehr tiefes, gewölbtes Verließ, in welches die Missetäter ein kleines Loch in der Mitte des Gewölbes hinabgelassen wurden und in das kein Lichtstrahl hineindrang. Eine steinerne Treppe führte von außen zu einem oberen, mit Fenstern versehenen Raum, der früher einen steinernen Tisch und steinerne Bänke enthielt und als Gerichtsstätte bei der Folterung der Unglücklichen diente."

Ein dunkles Blatt in der Geschichte, auch des Rellinghauser Gerichtswesens, sind die Hexenverfolgungen, woran noch heute die Hexentaufe an der Ruhr erinnert. Der Hexenwahn entsprang der im Mittelalter verbreiteten Ansicht, wonach der Teufel Gewalt habe, die welche sich ihm verschrieben,  mit besonderen Kräften auszurüsten, Böses zu tun und Unheil zu stiften. Da hatten Zauberer und Hexen Frauen unfruchtbar gemacht, ansteckende Krankheiten und Todesfälle an Menschen und Tieren verschuldet,  Hagel und Gewitter, anhaltende Dürre und Missernten heraufbeschworen u.s.w. Meist erhielten sie zu dem Zwecke von ihrem Herrn und Gebiete ein "Düppchen mit schwarzer Materie", mit der sie ihre böse Kunst ausübten.

Ein bekannter Zauberer der Hexenmeister Buttermann aus Witten. Eines Tages kam er von Rellinghausen und sah an der Spillenburg einen mit Fässern beladenen Wagen, der in dem tiefen Schlamme stecken geblieben war. Wütend schlug der Fuhrmann auf die Pferde ein, aber der Wagen war nicht von der Stelle zu bringen. Da stieß Buttermann einen Pfiff aus, und augenblicklich kamen sieben große, schwarze Katzen mit glühenden Augen heran. Er spannte sie vor den Wagen und fuhr diesen im Galopp den Deimelsberg bei Steele hinauf. Waren die Katzen aber sofort wieder verschwunden. Buttermann und seinen Tod auf dem Scheiterhaufen. Bei dem Festbinden an den Pfahl, meinte er, daß dies der heißeste Tag seines Lebens werden würde.

Dass die Hexenverfolgungen einen solchen Umfang annahmen sich von der zweiten Hälfte des 15. bis in den Anfang bis 18. Jahrhunderts hinziehen konnten, liegt auch in dem veränderten Gerichtsverfahren der damaligen Zeit begründet. Anstelle öffentlichen Anklage und der Reinigung von derselben durch Eid und Eideshelfer war das geheime Verfahren getreten, und es kam vor allen Dingen darauf an, von dem Angeklagten ein Geständnis zu erhalten, wenn nicht auf gemütlichen Wege so durch Anwendung qualvoller Mittel, wozu die peinliche "Halsgerichtsordnung" des Kaisers Karl V. vom Jahre 1532 sogar aufforderte. Auf der Folter bekannten die gequälten Menschen dann alles, was man von ihnen verlangte, sie seien dem Teufel, der ihnen in Gestalt eines jungen Spielmanns mit einer Feder am Hute erschienen sei, zu Willen gewesen, hätten von ihm schöne Kleidung, kostbares Pelzwerk und Geld erhalten (letzteres sei aber nur "Dreck" gewesen), sie seien auf Besen oder roten Kälbern in der Walpurgisnacht (1. Mai) zu den Hexenplätzen geritten und hätten dort andere bekannte Personen getroffen, welcher Umstand dem Richter Gelegenheit bot, auch diese zu verhaften u.s.w. Kein Alter, kein Geschlecht, kein Stand bot Schutz; besondere Schönheit wie abschreckende Hässlichkeit konnte leicht mit dem Teufel in Beziehung gebracht werden.

Die beliebteste Art festzustellen, ob man sich mit dem Teufel eingelassen habe, war die Hexentaufe. Man ging dabei von dem Glauben aus, das Satan eine Getreuen wohl beschützen werde. Im Beisein einer vielhundertköpfigen Volksmenge warf man die Unglücklichen, denen man Hände und Füße kreuzweise zusammengebunden hatte, ins Wasser. Wer unterging, war schuldlos, wer aber schwamm, dem hatte der Teufel geholfen, und alle erdenklichen Qualen wurden nun angewandt, ein Geständnis zu erpressen, und das Ende war meist der Tod auf dem Scheiterhaufen.

Im Essener Hochstift, so wurde auch von den Damen des Stiftes Rellinghausen die Verfolgung der Hexen betrieben, und die letzteren haben darin etwas viel Eifer gezeigt. In einem Zeugenverhör erklärt 1595 der Bürgermeister von Hattingen, dass die Jungfern von Rellinghausen " vor wenig Jahren etzlich viell Hexen hätten verbrennen und hinrichten lassen," der Küster Damen sagt, man hätte manche zu dem Schwerte " begnadigt", und der Herr von Horst, Eberhard von Schüren, hat einmal gesehen, wie vier Frauenpersonen im Beisein der Jungfern mit dem Wasser "probierten", das zu seiner Zeit 39 Personen wegen Zauberei hingerichtet worden seien. Die Aussage von Altendorf haben wir bereits erwähnt.

So hat also die stille Ruhr an dieser Stelle viel Leid gesehen, und im Volksmunde erzählt man, daß in stillen Nächten aus dem dunklen Wasser in der kleinen Bucht deutlich leises Wimmern und Klagen der unschuldig Verurteilten sich vernehmen lasse. Hohe Bäume und dichtes Gestrüpp aber scheinen mitleidig dem Wanderer die Hexentaufe an der Ruhr verbergen zu wollen, die so viel namenloses Elend über Hunderte von Familien gebracht hat.

 

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27.12.22 © Höckmann

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