
Unterhalb der
Hexentaufe drängen sich auf der rechten Seite des Flusses
hochbewaldete Hügel an diesen heran, und in dem Grün der Bäume sieht
man auf der Höhe
Schloss Schellenberg
Das Gut, einst zu den
Rittersitzen des Hochstifts Essen gehörig, bitte in den ältesten
Zeiten den Namen "aufmerksam Berge" und war im Besitz der Herren von
Broich bei Mülheim, von denen es die Familie von der Horst käuflich
erwarb. 1313 wurde es von Heinrich von der Horst an Arnold gmvon
Kückelsheim, der an der Ruhr verschiedene Besitzungen hatte, wieder
veräußert. Dessen Sohn Burchard schloss mit dem Erbvogt Dietrich von
Limburg einen Vertrag betreffs Freiheit seiner Güter in
Rellinghausen von der Vogtsbede. Durch den Sohn Burchards, Eberhard
von Kückelsheim, der nur eine Tochter hinterließ, die 1388 Pilgrim
von der Leythen vermählt war, gelangte das Gut auf dem Berge an
dieses Haus. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor: Katharina,
Margarete und Dietrich. Letzterer starb 1456 ohne Kinder. Zwei
Jahre zuvor hatte er den Hof an seinen Schwager Johann von dem
Vittinghofe, der auf Haus Altendorf saß, abgegeben, nachdem dieser
auch die übrigen Güter schon als Pfand lange Zeit besessen hatte.
Die Kaufsumme betrug 1100 rheinische Gulden. Bei der Übernahme des
Gutes " auf'm Berge" wurde dem neuen Herren von der Fürstäbtissin zu
Essen das Drostenamt des Hochstifts übertragen, das bis zur
Auflösung des Stiftes in der Familie Vittinghoff sich forterbte. Das
Gut aber wurde nun zu einem adeligen Rittersitz und erhielt im Laufe
der Zeit nach dem Beinamen der Familie Schell den Namen
Schellenberg.
Die Edelherren von dem
Vittinghofe, genannt Schell, (siehe Ruine Vittinghoff) schwangen
sich bald zu den angesehensten Rittern der nächsten Umgebung empor.
Sie gehörten zu den Ministerialen des Essener Fürstentum und hatten
bedeutende Einkünfte. Im Stift Rellinghausen übten sie auf ihren
Gütern eigene Gerichtsbarkeit aus, und setzten sich so oft im
Gegensatz zu dem Stiftskapitel. Der Herr Konrad von Schell aber
stützte sich seine Macht, und als 1484 die Stiftsdamen den Befehl
erließen, bei Gelegenheit der Wallfahrt die Wege für die Pilger in
Ordnung zu bringen, verbot er es seinen Leuten und verjagte auch die
Fronen des Stiftsgerichts, die seinen Gütern Abgaben erheben
wollten. Auch in der weiteren Stiftsgeschichte treten die von Schell
oft sehr herausfordernd auf. In der Reformation gingen sie zur
evangelischen Lehre über, wurden aber um 1650 durch den Paderborner
Domkantor Wilhelm Franz von Vittinghoff wieder zum alten glauben
zurückgeführt. Derselbe kaufte auch 1663 den Schellenberger besitz
von der Erbtochter seines älteren Bruders und gab ihm an den
jüngeren Bruder Bernhard Melchior, der die Linie auf Schellenberg
fortpflanzte. Der jetzige Besitzer hat Schloss Schellenberg an den
Katholischen Fürsorgeverein für Frauen, Mädchen und Kinder in Essen
verpachtet und wohnt selbst auf Haus Kalbeck im Reichswalde.
Schloss Schellenberg
liegt inmitten eines herrlichen Parks. Der älteste Teil, ein
Bergfried mit Anbau und Kapelle, stammt aus dem 14. Jahrhundert,
während die Wirtschaftsgebäude im 17. Jahrhundert gebaut wurden. Das
Wappen der Vittingshoff, drei goldene Kugeln auf schwarzem
Schrägrechtsbalken, ist fast über jeder Tür zu sehen. Im Park ist
ein 1674 erbauter Pavillon im Barockstil, achtseitig mit
zwiebelförmiger Dachhaube und Türmchen, sehenswert. Der prächtige
Eichenhochwald am Schlosse wurde am 1. Juli 1891 durch einen
furchtbaren Wirbelsturm zum großen Teile niedergelegt; doch hat die
Neuaufforstung schon eine bedeutende Höhe erreicht.
Ruine Wittinhoff
lag in einer Entfernung
vom Schlosse Schellenberg. Man sieht heute im Kortenbusche bei der
Ruine Neu-Isenberg kaum noch einige Trümmer. Vor Zeiten hat dort
eine feste Burg gestanden, die von Wassergräben umgeben war und der
Stammsitz uralten, westfälischen Adelsgeschlechtes der Vittinghoffs
ist. Der Name "Viting" lässt den Schluss zu, dass die Burg
vielleicht dem Kloster zu Corvey gehörte, dessen Schutzheiliger St.
Vitus war und das in dieser Gegend Besitzungen hatte, wo die Mönche
auf den jährlichen Reisen zu ihren Weinbergen am Rhein ausruhten.
Die Vittinghoffs
erscheinen in Urkunden zuerst 1230. Als dann im 14 Jahrhundert Söhne
rheinische Adelsgeschlechter die Heimat verließen, um als
Deutschordensritter im fernen Osten Deutschtum und Christentum zu
verbreiten, da waren auch unter ihnen solche von Vittinghoff. 1360
war Arnold von dem Vittinghofe Deutsch-Ordensmeister in Livland, als
welcher er 26 Jahre das Land verwaltete und Kämpfe gegen Russen und
Litauer führte; 1404 wurde Konrad von dem Vittinghofe
Deutsch-Ordensmeister. Von ihnen stammen die jetzt noch in den
russischen Ostseeprovinzen blühenden Zweige der alten Familie ab.
Ihre Anhänglichkeit an den Stammsitz beweisen sie dadurch, dass die
jährlich stattfindenden Familientage der Vittinghoffs auch von ihnen
besucht werden.
Im 14. Jahrhundert
taucht für die Vittinghoffs der Name "Schell" auf. Ein Mitglied des
Geschlechts Arnold liegt nämlich an einem Augenübel, er schielte,
weshalb man ihn den "Scheelen" nannte. Möglicherweise hat sich das
Schielen durch eine oder zwei Generationen fortgeerbt, sodass der
Name " Scheel, Schell" allmählich mit dem der Vittinghoff verbunden
wurde und auch den späteren Besitz auf'm Berg in Schellenberg
umänderte. 1370 ist Johann von dem Vittinghofe gen. Schell Burgman
des Grafen Dietrich von Limburg auf dessen Feste Neu- Isenberg. Der
Stammsitz scheint um diese Zeit verfallen gewesen zu sein, und das
Geschlecht musste sich umsehen, sich durch eine gute Heirat wieder
empor zu arbeiten. Sein Sohn Arnold hatte in dieser Beziehung auch
Glück, indem er die Tochter Goswins vom Hause Altendorf ehelichte,
die ihm mit ihrer Hand auch diesen alten Rittersitz zubrachte.
Arnold von Vittinghoff auf Altendorf, wie er sich nun nannte,
hinterließ einen Sohn Johann. Heiratete Katharina von der Leythen,
die nach dem Tode ihres kinderlos verstorbenen Bruders dessen
Besitzungen in Rellinghausen und mit diesen das Gut auf dem Berge
erbte. Ihre Söhne Kordt und Berndt teilten 1477 die väterlichen
Güter in der Weise, dass Kordt die Rellinghauser Güter und Berndt
die in Altendorf erhielt. Kordt, der mit Beate Stael von Holstein zu
Heisingen vermählt war, gilt als Stammvater der späteren Freiherren
von Vittinghoff genannt Schell zu Schellenberg.
Auf dem Weiterlaufe
durchfließt die Ruhr die alte Grenze zwischen den Völkerstämmen der
Sachsen und Franken. Sie deckte sich im wesentlichen mit den Grenzen
der Stifter Essen und Werden, wie sie bis 1803 bestand. In Urkunden
sowohl als auch im Charakter und der Sprache der Bewohner lässt sich
die alte stammesgrenze heute noch ziemlich gut feststellen. So galt
im Stift Essen seit altersher sächsisches Recht und bestanden
westfälische Freistühle; die Appellation ging später nach Hamm. Im
Werdenschen urteilte man nach fränkischem Rechte und appellierte
nach Aachen. Bei der kirchlichen Einteilung in Dekanate, die nach
den alten Gauen geschah, kam Essen nach Dortmund ( später wurde es
selbstständig) und Werden zum Dekanat Neuss. Ähnlich ist es mit der
evangelischen Kirche: Rellinghausen gehörte zur märkischen, Werden
zur Düsseldorfer Klasse. Und noch heute wir auf altem Stift Essen
schon Gebiete die sächsische Einteilung der Gaue in den
Bauerschaften, Altenessen, Katernberg, Rotthausen, Schonnebeck,
Stoppenberg, Rüttenscheid, Kray, Bergerhausen, Huttrop wieder,
während die früheren fränkischen Gebiete die Hohnschafften kannten:
Fischlaken, Heidthausen, Schuir, Bredeney, Heisingen.
Aber auch in
sprachlicher Beziehung lässt sich gut erkennen, dass in dieser
Gegend zwei verschiedene Volksstämme aufeinanderstoßen. In alten
Urkunden heißt der erste Oberhof des Stiftes Essen "vehus"
(Viehhof), während der Werdensche "fiahuson" geschrieben wird. Noch
heute ist die Sprache mit ihren dialektischen Eigentümlichkeiten
zwischen Essen und Werden verschieben und jedem Beobachter, der auf
den Wanderungen durch dieses schöne Fleckchen Erde sich mit den
Bewohnern unterhält, wird der oft rauh klingende, scharfe Dialekt
bei Essen gegenüber dem weichen, an den rheinischen Tonfall
erinnernden, in und um Werden auffallen. Vielleicht kann er auch den
Unterschied im Charakter bei den alteingesessenen Familien
wahrnehmen.
In früherer Zeit wird
sich auch wohl in dieser Gegend ein Unterschied im Hausbau gezeigt
haben. Bekanntlich hatten die Sachsen sämtliche Wohn- und
Wirtschaftsräume unter einem Dache, während die Franken letztere von
dem Wohnhause getrennt anlegten. Unsere Zeit hat die alten Häuser
verschwinden lassen; nur stellenweise trifft man noch alte
sächsische Bauernhäuser und hinter werden auch solche in fränkischer
Bauart.
Im Laufe der
Jahrhunderte musste die frühere scharfe Sonderung in Sprache und
Lebensgewohnheiten wie sie bei den Stämmen der Sachsen und Franken
bestand, sich allmählich verlieren und gegenseitig vermischen.
Die Ruhe verlässt also
die alten sächsisch-westfälischen Gaue und tritt in
fränkisch-rheinisches Gebiet ein. Der erste Ort, den sie hier
berührt, ist das aufblühende Kupferdreh, früher Hinsbeck genannt.
Dort lag erstelle, wo der Fluss eine scharfe Biegung, einen "Dreh"
macht, ein alter schon 1589 erwähnter Kupferhammer. Die Schiffer,
welche hier mit ihren "Ruhraaken" anlegten, um die Ladungen zu
übernehmen, nannten den Platz " Kopperdreih", was die
Eisenbahndirektion veranlasste, den 1848 errichteten Bahnhof
Kupferdreh zu taufen, obwohl die Station in der Gemeinde Hinsbeck
lag. Heute erstreckt sich die Bürgermeisterei über die alte
Essendische Herrschaft Biefang, die Hardenbergischen Bauernschaften
Dilldorf, Rottberg und Voßnacken und die Werdenschen Honnschaften
Hinsbeck und Rodberg. Der Deilbach, welcher Kupferdreh durchfließt,
bildete wahrscheinlich früher die Grenze zwischen dem Sachsen- und
Frankenlande.
Bergbau und Industrie
sind es gewesen welche den Aufschwung k
Kupferdrehs veranlasst haben. Von Interesse ist, daß hier Franz
Dinnendahl "Mechanikus", 1802 auf Zeche Wohlgemuth seine erste
20zöllige Wasserhaltungsmaschine anlegte und so dem Kohlentiefbau
statt des Stollenbetriebes den Weg bahnte. Dann mag erwähnt sein,
das bereits fünf Jahre vor der Ablassung des ersten Lokomotivzuges
von Nürnberg nach Fürth hier eine Eisenbahngesellschaft bestand, die
auf Schienen die Kohlen bis Nierenhof schaffte |