Der tapfere, kriegslustige
Stamm der Sigambrer hatte seinen Sitz in dem Gau der Sieg, ob aber die
jetzige Stadt Siegen der Hauptort der Sigambrer gewesen ist, wird wohl
niemals mit Bestimmtheit nachgewiesen werden können.
Bereits in den Jahren 1079-1089 wird Siegen (Sigena) urkundlich erwähnt, die
Zeit der Gründung der Stadt ist historisch noch nicht ermittelt, doch steht
fest, dass dieselbe im Anfang des 13. Jahrhunderts bereits bestand. Im Jahre
1224 wird Siegen als eine wieder aufs Neue erbaute Stadt erwähnt, welche der
Graf von Nassau, Heinrich der Reiche, dem Erzbischof Engelbert I. von Köln
zum halben Miteigenthum überträgt. Urkundlich ist ferner festgestellt, dass
damals bereits ein Schloss erbaut war. Graf Heinrich I. belieh die Stadt am
19. Oktober 1303 förmlich mit dem Soester Stadtrechte. Nach einem Streite
mit diesem Fürsten gewährte derselbe Siegen das Recht, dass über Verbrechen
und Vergehen, die innerhalb der Stadtmauern begangen wurden, nicht
ausserhalb der Thore gerichtet werden durfte. Auch zwischen den beiden
Besitzern der Stadt, den Erzbischöfen von Köln und den Grafen von Nassau,
entstanden öfters erbitterte Streitigkeiten über die Abgrenzung ihrer
Anrechte an die Stadt, bis am 1. Februar 1381 der Erzbischof Cuno von Trier,
als Coadjutor des Erzstiftes Köln eine Sühne zwischen dem Erzbischof
Friedrich und dem Grafen Johann von Nassau vermittelte. Die Grafen von
Nassau scheinen von diesem Augenblicke an auch im Besitze der kölnischen
Hälfte der Burg und Stadt Siegen geblieben zu sein, denn schon seit dem
Jahre 1421 hatte das Erzstift nachweislich seine Gemeinschaft an Siegen
völlig aufgegeben.
Die Stadt Siegen bot im sechzehnten Jahrhundert
einen wahrhaft festen Anblick, sie war von gewaltigen Mauern umgeben, von
einer mächtigen Burg und sechszehn grösseren und kleineren festen Thürmen
geschützt, zwischen denen sich sechs mit Thorburgen versehene Stadtthore
erhoben. Durch verschiedene Brände wurde das Innere der Stadt mehrmals
gänzlich verändert, da die meisten Häuser aus Holzwerk erbaut waren. So
brannte 1592 am St. Jacobitage die ganze obere Stadt nieder, und nachdem sie
theilweise wieder neu erbaut war, verzehrte 1695 vom 10. Bis 20. April eine
Feuersbrunst die untere Stadt, wie uns die Stadtchronik genau berichtet.
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Unter Wilhelm dem Reichen (1516-1559) wurde im
Jahre 1536 das Pädagogium gegründet, aus welchem im Laufe der Jahrhunderte
das jetzige Realgymnasium hervorgegangen ist. Seit 1530 war der edle Fürst
zur Reformation übergetreten und führte mit Hülfe des Erasmus Sarcerius die
neue Lehre ein. Johann VII., der Mittlere, errichtete im Jahre 1616 die
ritterliche Kriegsschule, welche ihren Sitz in dem noch stehenden alten
Zeughause in der Burgstrasse hatte. Ihm war bei der Theilung. des
väterlichen Erbes im Jahre 1607 das Siegerland mit der Residenz Siegen
zugefallen. Er bewohnte das obere und baute das untere Schloss, an dessen
Stelle sich früher ein Franziskanerkloster befand, als Witwensitz für seine
Gemahlin aus. Sein Sohn Johann VIII., der Jüngere, trat 1612 in Rom wieder
zur katholischen Kirche über, und wollte, zur Regierung gelangt, mit Gewalt
den Rücktritt der Bürger zum katholischen Glauben erzwingen. Er verjagte
Prediger und Lehrer und gründete das Jesuitenkollegium. Messe, Beichte oder
Verbannung war seine Losung. Da erstand in dem Siegener Nationalhelden
Johann Moritz, dem Statthalter der Niederlande und des Kaiserreichs
Brasilien, im Volksmunde nur ,,Fürst Moritz" genannt, den Reformierten ein
Retter 1650-51 kam unter seiner Regierung eine Theilung des Siegerlandes
nach konfessionellem Unterschied zu Stande.
Eine schwere Zeit der Noth und Drangsal brach
wiederum über die Stadt Siegen herein als der katholische Fürst Wilhelm
Hyacinth 1699 die Regierung antrat Dieselbe war eine Kette despotischer
Willkür und frevelnder Gewaltthaten. Nicht selten kam es in Folge seiner
Hetzereien zwischen den katholischen und reformirten Bürgern und Soldaten zu
blutigen Strassenkämpfen, bis endlich der Gewaltthätigkeit des Tyrannen,
welche sich bis zum Mord eines schuldlosen reformirten Bürgers, Friedrich
Flender, am 29. März 1707 steigerte, durch seine Absetzung und Verjagung ein
Ende gemacht wurde. Mit ihm starb die katholische Herrscherlinie des
Siegerlandes aus. Auch die reformirte Linie endete 1734 mit Friedrich
Wilhelm, dem Sohne Friedrich Wilhelm Adolfs, der seinem Vater Wilhelm
Moritz, dem Mündel und Neffen des berühmten Johann Moritz in der Regierung
gefolgt war. Kaiser Karl VI. übertrug dem Prinzen von Oranien und Fürsten
von Nassau - Diez Wilhelm IV. die Regierung des Siegerlandes, unter dessen
weiser Herrschaft sich dasselbe rasch aus seinem zerrütteten Zustand zu
neuem Wohlstande erhob.
Der Bergbau, die Hauptquelle dieses Wohlstandes,
sowie der Acker, Wiesen- und Waldbau blühten auch unter seinen Nachfolgern
mächtig empor. Als sich der letzte derselben, Wilhelm Friedrich, weigerte,
dem von Napoleon I. gegründeten Rheinbunde beizutreten, setzte ihn der
gewaltthätige Eroberer ab und verleibte das Siegerland dem neugebildeten
Grossherzogthum Berg ein. Nach dem Sturze des Tyrannen im Jahre 1813 kam
Wilhelm Friedrich, welcher kurz vorher König von Holland geworden war,
wieder in den Besitz seiner deutschen Erblande. Schon im Jahre 1815 trat er
dieselben grösstentheils an Nassau ab, und Preussen erhielt gegen das
Grossherzogthum Luxemburg Siegen und das Siegerland. Was diese unter
Preussens segensreicher Regierung seit jener Zeit geworden sind, davon zeugt
die gewaltige Entwickelung von Stadt und Land.
Quelle: Illustrierter Führer durch Siegen
und Umgebung. (ca. 1900) |