Hennef, der bekannte,
vielbesuchte Kneipp-Kurortl, ist als solcher in seinem Ortsbild
heute im wesentlichen bestimmt durch neuzeitliche Villen- und
Grünanlagen und den jenseits der Sieg gelegenen Sehloßwald. Man
vergißt darüber leicht die weit zurückliegende geschichtliche
Vergangenheit des Ortes, wenn er auch freilich nie die Bedeutung der
Hauptstadt des „Auelgaus“ an der unteren Sieg haben konnte, d. h.
Siegburgs mit der Burg auf dem hlichaelsberg, dem Sitz des Gaugrafen
und seiner späteren Nachfolger, der Erzbischöfe von Köln (Heft
Siegburg‘ in Vorbereitung). Hennefs Kirche wird indes schon im 11.
Jahrhundert genannt. Ursprünglich war sie dem Cassiusstift in Bonn
unterstellt und kam dann durch Tausch an die Benediklinerablei auf
dem Michaelsberge bei Siegburg, der sie im Jahre 1132 endgültig
zugesprochen wurde. Die mittelalterliche Anlage wurde indes in der
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wegen Baufälligkeit abgerissen;
auch von dem damaligen Neubau, einer schlichten Saalkirche, steht
heute nur noch der im ‚Jahre 1744 errichtete Turm mit seiner fein
geschwungenen Barockhaube. Das zugehörige Langhaus wurde 1910
niedergelegt, da die Kirche seit der Erbauung eines großen
neugotischen Gotteshauses (1898-1900) nicht mehr benutzt wurde und
der Verwahrlosung anheimfiel. Aus dem 18. Jahrhundert stammen noch
einige stattliche Hofanlagen, zweigeschossige, verputzte
Bruchsteinbaulen mit Mansarddach, besonders bemerkenswert die im
Jahre 1935 instandgesetzte sog. Wasserburg (Bild 5). — In den
umliegenden, heute z. T. eingemeindeten Ortschaften finden sich
reichere Spuren vergangener Jahrhunderte: westlich in Geistingen und
Zissendorf, östlich in Warth und Schloß Allner; flußaufwärts das von
Hennefs Kurgästen vielbesuchte Städtchen Blankenberg und auf dem
andern Siegufer Bödingen.
Hennef-Geistingens
kath. Pfarrkirche, eine schöne spätromanische Pfeilerbasilika mit
dreischiffigem, fünfjochigem Langhaus, flacher Mittelschiffsdecke
und. gratgewölbten Seitenschiffen, dem schöngegliederten fünfges
chossigen vorgelagerten Westturm stammt aus der zweiten Hälfte des
212. Jahrhunderts (Bild 2). Die interessante alte Choranlage mit
tonnengewölbtem Vorchor zwischenzwei Treppentürmehen wurde aus
Gründen der Raumerweiterung 1885 abgebrochen und durch eine
neuromanische Vierungsanlage mit Querschiff und Chor nach den Plänen
des Franziskanermönches Paschalis, der übrigens auch die Gotisierung
des Schlosses Allner durchführte (s. u.), ersetzt. Die einzelnen,
jeweils eingerückten Stockwerke des Turmes mit dreimal abgetrepptem
Westportal zeigen durchgehende Blendarkadengliederung in Tuff (Bild
2). Die beiden unteren Turmgeschosse öffnen sich kreuzgewölbt in
ganzer Breite zum Mittelschiff. Durch Blitzschlag wurde im Jahre
1875 die barocke Zwiebelhaube des Turmes stört und durch den
achteckigen Turmhelm ersetzt (Bild 2). Im Innern fällt das schöne
Maßverhältnis des Langhauses auf, dem sich die neue Ostpartie
möglichst anzupassen sucht. Die Fenster sind leider später bis auf
ein kleines Rundbogenfenster auf der Südseite verändert worden. Sehr
schön wirken die rechteckigen Pfeiler aus Wolsdorfer Stein mit ihren
fein profilierten Gesimsplatten. Ende 19, Jahrhundert wurden die
ähnlich behandelten Basen abgehauen, als die Pfeilersockel mit
Granitplatten verkleidet wurden. Von der mittelalterlichen
Ausstattung sich bis auf einen schönen Taufstein aus dem frühen 13.
Jahrhundert nichts erhalten, da die Kirche 1689 gelegentlich der
Belagerung von Bonn ausgeplündert wurde. Die dann folgende reiche
Barockausstattung ist dem Purismus des 19. Jahrhunderts zum Opfer
gefallen, bis
auf zwei schlichte Altäre,
einer 1657 datiert. 1926 wurde die Kirche durch den Düsseldorfer
Maler Dürnholz ausgemalt. Die figürlichen Darstellungen sind ein
beachtenswerter Beitrag zur Frage neuzeitlicher Ausschmückung einen
mittelalterlichen Kirchenraumes. Außen befindet sich an der Südwand
des Turmes ein reizvolles Missionskreuz. Unter den um die Kirche
herum aufgestellten Grabkreuzen des 16. - 18. ‚Jh. sieht man einige
besonders schöne ländliche Beispiele.
Zissendorf. Das nahe
der Landstraße von Buisdorf nach Hennef gelegene ehemalige
Zisterzienserinnenkloster ist seit der Säkularisation 1803 ein
Rittergut in Privatbesitz. Die Kirche, ein Neubau nach dem Brand vom
Jahre 1644, wurde nach der Säkularisation abgebrochen Die erhaltenen
Gebäude umschreiben einen rechteckigen Hof, dessen Westseite von dem
zehnachsigen, zweigeschossigen ehemaligen Klostergebäude mit hohem
Walmdach eingenommen wird. Der auf der Ostseite liegende Scheunenbau
stammt aus dem 18. Jahrhundert. Die übrigen Bauten sind neueren
Ursprungs. An der Landstraße das schöne Kreuz“, das bald nach 1700
durch Maria
Sophia v. Luninck, Ökonomin des Klosters, errichtet wurde.
Schloß Allner ist in
der näheren Umgebung des Hennefer Ortskerns die künstlerisch
reizvollste Schöpfung, begünstigt durch die Lage am.Fluß (Bild 6,
8). Hier stand bereits im 15. Jahrhundert ein festes Herrenhaus:
1420 wird als Besitzer der Blankenberger Amtmann Arnold v.
Merkelsbach genannt, dessen Familie hier noch bis ins 16.
Jahrhundert nachweisbar ist. Auf sie geht wohl der Ausbau der beiden
Vorburgflügel, um zurück sowie der untere Teil des achteckigen
Turmes an der Sieg (Bild 8). Durch Heirat erwarben die
Scheiffart-Merode um 1560 den Besitz. In den 40er Jahren des 17.
Jahrhunderts wurde durch die Brüder Goswin und Bertram Scheiffart
das heute noch im Kern bestehende Herrenhaus gebaut und das Haupttor
mit dem Ehewappen Merode-Hatzfeld im Giebel und ein Teil der
heutigen Umfassungsmauer. Das Herrenhaus, ein stattlicher
vierstöckiger Bruchsteinbau auf einem merkwürdigen kreuzförmigen
Grundriß, war ursprünglich mit der ganzen Anlage von Gräben umgeben
(Bild 6, 8). Zum Vorberghof hin, der von den beiden
Wirtschaftsgebäuden des 16. Jahrhunderts mit ihren schönen
Staffelgiebeln flankiert, wurde der Burg um die Wende zum 18.
Jahrhundert eine äußerst malerische Freitreppe vorgelegt (Bild 4),
nach rückwärts zur selben Zeit ein stattlicher, rechteekiger
Erweitrungsbau angeschlossen (Bild 6, 8). Nachdem das Schloß Anfang
18. Jahrhunderts der Familie Spies v. Büllesheim durch Heirat
zufiel, wurde es nach langwierigen Erbstreitigkeiten 1783 der
Familie v. Hatzfeld zu Merten zugesprochen. Aus diesen Jahren werden
auch wohl die schönen Gartenanlagen stammen (Bild 8). Nach
mehrfachen Besitzerwechsel im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde das
Schloß 1875/76 äußerlich im damaligen Zeitgeschmack golisierend
umgebaut; es verschwanden hierbei u. a. die schönen alten
Kreuzsprossenfenster: auch die Dachformen wurden gänzlich verändert.
Im Innern jedoch blieb der alte Zustand weitgehend erhalten
Blankenberg, wunderbar im Landschaftsbild gelegen, verdankt seinen
Ursprung der Gründung einer festen Burg durch die im Westerwald
ansässigen Grafen v. Sayn, die zur selben Zeit im Laufe des 12.
Jahrhunderts auch die Löwenburg im Siebengebirge zum Schutze ihrer
an das Gebiet des Kölner Erzbistums grenzenden Besitztümer anlegten
(s. Heft „Siebengebirge“). Auf einem hohen, nach drei Seiten steil
zum Siegtal abfallenden. schmalen
Bergrücken nahm die Blankenberger
Feste eine beherrschende Lage an der Sieg oberhalb Siegburgs ein und
bot den Übergriffen von seiten der dortigen Abtei, die hier
ursprünglich Grundherrin war, sowie der Kölner Erzbischöfe Widerpart
(Bild 9, 10,13). Wesentliche Teile der auf der äußersten Spitze des
Bergrückens gelegenen Burgruine gehen noch auf das 12. Jahrhundert
zurück. Der eigentlichen Hochburg(A in Bild 10) war nach Nordwesten
gegen die Sieg hin eine tiefer gelegene Bastion vorgelagert (1 in
Bild 10), deren Südostecke ein schwerer, erst aus der Zeit um 1500
stammender, runder Turm bildet (sog. Bastionsturm, 2 in Bild 10).
Die ursprüngliche Anlage dreier Geschosse ist deutlich erkennbar.
Von der erneuerten oberen Plattform ein umfassender Blick in die
hervorragend schöne Landschaft. Die Südseite der etwa ein Rechteck
umschreibenden Hochburg nahm der Palas ein, dessen erhaltene
Grundmauern noch die außerordentlich saubere Bruchsteinmauertechnik
des romanischen Zeitalters zeigt (3 in Bild 10). Nach Südosten lag
die Burgkapelle (5 in Bild 10). deren wenige Reste überaus wertvoll
sind als Belege für die auch dureh literarische Quellen bekannte
Tatsache, daß die Burg eine romanische, dem hl. Georg geweihte
Doppelkapelle besessen hat. Nach Osten, zum Ort hin, war die
schmalste Stelle des Bergrückens ursprünglich durch einen tiefen
Graben unterbrochen; den einzigen Zugang vermittelte eine
Ziehbrücke. Spuren eines Pförtnerhauses sind nördlich anschließend
erhalten. Dahinter steht der mächtige, in etwa 15 m Höhe erhaltene
Bergfried, dessen unteres Geschoß ursprünglich keinen Zugang halte
(4 in Abb. 10). Nach Südosten war dem Hochschloß die früher ganz
ummauerte, den Formationen des Bergrückens angepaßte Vorburg
vorgelagert (B in Bild 10), von der heute nur noch die südöstliche
Mauer sichtbar ist mit einem frei dahinterstehenden Rundturm, dessen
Zugang, wie beim Bergfried, im ersten Stockwerk lag. Die oberen
Geschosse zeigen schmale Licht- schlitze. Die Burg, auf der im Jahre
1208 der Kölner Erzbischof Bruno v. Sayn starb, kam 1247 durch
Erbschaft an Heinrich v. Sponheim. 1307 wurden die Grafschaften
Blankenberg und Heinsberg vereinigt, 1336 mit ihnen noch die
Grafschaft Löwenburg. Da Gottfried v. Heinsberg, seit 1357 mit
Philippa v. Jülich vermählt, den Besitz nicht halten konnte, wurde
er 1363 an Jülich verpfändet und blieb seitdem, da die Auslösung
nicht erfolgte, in jülich-bergischem Besitz; die Burg wurde bald
darauf der Sitz des bergischen Amtes Blankenberg. Im Dreißigjährigen
Kriege hatte sie durch feindliche Besetzungen erheblich zu leiden.
Da sie später kaum mehr benutzt wurde, wurde ihre teilweise
Schleifung angeordnet. Seit 1829 befindet sie sich in Privatbesitz.
An die Burg schloß sich schon
Anfang 13. Jahrhunderts der Ort Blankenberg an, der 1247 Stadtrecht
erhielt, und von dessen Befestigung lediglich der südliche Mauerzug
mit seinem Wehrturm erhalten ist (C, 9 in Bild 10). Obwohl heute
kein Haus mehr von der alten Siedlung steht, führt das freie Feld,
das zwischen der Burgruine und dem jetzigen Ort Blankenberg (D in
Bild 10) liegt, heute noch den Namen „Altstadt“. Zwischen ihr und
der „Neustadt“, die sich aber auch schon im Laufe des 13.
Jahrhunderts im Anschluß an die ursprünglich außerhalb des
Mauerberings gelegene Pfarrkirche entwickelte, liegt ein breiter,
quer durch den Bergrücken gezogener künstlicher Graben, das
„Judenhöfchen‘“ genannt. Zur erhaltenen Südmauer der „Altstadt“
gehört der an ihrem westlichen Ende gelegene, auf rechteckigem
Grundriß errichtete und zur Stadtseite hin offene Torturm, der
allerdings heute nicht mehr als Tor benutzt wird; ein neuer Weg
liegt westlich neben ihm. In der Mitte und an der Ostecke des
Mauerzuges springen halb- bzw. dreiviertelrunde, nach der Innenseite
ebenfalls offene, in ihren unteren Partien erhaltene Türme vor. Ein
genaues Datum für die Ummauerung der „Neustadt“ mit der
Katharinenkirche steht nicht fest; sie dürfte gegen 1400 unter
jülich-bergischer Herrschaft erfolgt sein, als damit gerechnet
werden konnte, daß der 1363 durch Gottfried von Heinsberg an Jülich
verpfändete Ort mit der Burg nicht mehr eingelöst werden würde. Der
Mauerbering, der insgesamt nur 4—5 Hektar umschließt, ist in
wesentlichen Teilen, jedenfalls in seinen unteren Partien noch
erhalten; besonders eindrucksvoll auf der Ostseite, wo die Mauer an
einem steil abfallenden Hang entlang in nahezu gerader Linie vom
östlichen Türmchen der Altstadtmauer (10 in Bild 10), den Graben
zwischen „Alt“- und „Neustadt“ durchschneidend, bis zu dem gut
erhaltenen Katharinenturm (11 in Bild 10 u. Bild 3) verläuft. Der
Zugang in das Innere des fünf-geschossigen Turmes erfolgt auf der
Westseite in Höhe des ersten Obergeschosses. Hier sowie in dem
weiteren Geschoß sind die alten Kaminanlagen erhalten (Bild 7).
Neuerdings sind in den beiden unteren Räumen ortsgeschichtliche
Sammlungen untergebracht (Bild 7), während im Obergeschoß ein
hübscher Sitzungssaal eingerichtet wurde. Die tonnengewölbte
Durchfahrt öffnet sich nach außen spitzbogig. Der Fallgitterschlitz
ist noch erhalten. Vom Tor aus geht die Mauer noch ein wenig in
südliche Richtung weiter, biegt dann rechtwinklig nach Westen um;
das anstoßende Gelände ist wieder durch einen künstlichen Graben
abgetrennt. Da hier die hauptsächliche Angriffsfront war, ist die
Mauer stärker ausgebildet und rückwärts durch Pfeiler und Bögen
verstrebt. Außerdem legt sich vor den größten Teil der Mauer noch
ein Zwinger mit Schießscharten und einem rechteckigen Halbturm. Am
westlichen Ende der Südmauer liegt die sog. „Wechselporz“ (13 in
Bild 10). Der westliche Mauerzug war wieder durch den steilen Abhang
weniger gefährdet und dementsprechend einfacher ausgebildet. Einen
Zugang bildete im nördlichen Ende der Westmauer das in der
Renaissancezeit erneuerte Rundbogentor, nur wenig entfernt von dem
mächtigen Torturm der „Altstadt“ (14 in Bild 10). Die Burg und die
erhaltenen Stadtmauerreste mit ihren Türmen vermitteln auch heute
noch in seltener Geschlossenheit ein außerordentlich aufschlußreich
anschauliches Bild von einer mittelalterlichen Stadtanlage, deren
hoher Reiz noch durch die außerordentlich schöne landschaftliche
Lage erhöht wird. In der „Neustadt“ haben sich auch noch eine Reihe
beachtenswerter Fachwerkhäuser erhalten (Bild 11).
Auf der an der südlichen Mauer
gelegenen höchsten Stelle des Bergkammes liegt die alte katholische
Pfarrkirche. Schon im Mittelalter war hier eine zur Pfarrkirche in
Uckerath gehörende Kapelle, in deren unmittelbarer Nähe die Gräfin
Mechthilde v. Sayn (f 1285 in Köln) ein Augustinerkloster gründete,
das um 1247 in ein Zisterzienserinnenkloster, ‚De Pace Dei‘ genannt,
umgewandelt wurde.
Da es sich jedoch schon bald
herausgestellt haben wird, daß durch die Lage des Klosters in
unmittelb Nähe der Burg eine Entwicklung nicht gewährleistet war,
wurde die Niederlassung nach dem nahen Hof in Zissendorf(s.d.)
verlegt, der schon seit 1248 zu den Gütern des Blankenberger
Klosters zählte. Von der seit den 40er Jahren des 13. Jahrhunderts
erneuerten Katharinenkirche haben sich der Chor und der Kern der
Langhausmauern erhalten (Bild 12). Bis 1928 wurde die flache Decke
der Kirche durch zwei mächtige, wohl noch spätgotische Eichenbohlen
gestützt. Von besonderem Reiz sind die frühgotischen Formen des
Chores; die gratigen Gewölbe ruhen auf schlanken Dienstbündeln mit
Schaftringen und zierlichen Knospenkapitellen. Von der
mittelalterlichen Ausstattung ist das Taufbecken erhalten (Granit,
Anfang 13. Jahrhundert), vor allem aber die 1928 aufgedeckten Reste
von Wandmalereien aus dem 13. u. 15. Jahrhundert: im Chor unterhalb
der Fensterbank der Hauptachse eine feierliche Darstellung der
Marienkrönung, auf der anschließenden nördlichen Wand in drei
gemalten Arkaden männliche Halbfiguren (Johannes d. T., Petrus,
Paulus?). Die für die letzte Stufe romanischer Monumentalmalerei
charakteristischen Bilder entstanden kurz nach der Mitte des 13.
Jahrhunderts. In dieselbe Zeit gehörte an der nördlichen
Langhauswand ein Streifen mit 8—9 Szenen aus der Legende der hl.
Katharina. Die Darstellung fand mit einem größeren, zwischen dem 3.
und 4. Fenster gelegenen Bilde, das die Grablegung der Heiligen
durch Engel auf dem Berge Sinai zeigt, ihren Abschluß, einer
ikonographisch interessanten Darstellung von großer Schönheit (Bild
16). Während dieses Bild verhältnismäßig gut erhalten ist, wurde
über den unteren Bildstreifen bereits im frühen 15. Jahrhundert ein
neuer Zyklus mit gleichem Inhalt, aber anderer Einteilung
hinweggemalt; von der älteren Reihe sind nur hier und da einzelne
Köpfe erkennbar.
Bödingen tritt von
allen Orten um Hennef am spätesten in der Geschichte auf: Ein
Christian v. Lauthausen hatte um 1350 auf eine Vision hin in Köln
ein Marienbild anfertigen lassen und um dieses eine Kapelle
errichtet, die von allen Seiten Pilger anlockte. Der Pfarrer von
Geistingen, Peter v. Meisenbach, ließ daher 1397—1408 einen Neubau
aufführen, von dem heute noch Turm und . Langhaus erhalten sind
(Bild 15, 17). Als sich hier 1423 Windsheimer regulierte Chorherren
ansiedelten, mußte der Chor zunächst 1439 Einbauten, später,
1490—1500, einen Erweiterungsbau erfahren mit fünfseitigem
Querarmabschluß aus dem Achteck, und der Chor siebenseitig aus dem
Zehneck geschlossen (Bild 15). So ist uns das Bauwerk überkommen,
nur daß 1884 außen die schlanke Chorhaube leider verkürzt worden ist
(Bild 17). Der Bruchsteinbau wirkt trotz der getrennten
Bauabschnitte einheitlich: der klar gegliederte eingebaute
viergeschossige Westturm, über der Doppeltür, eingerahmt von
abgetreppten Strebepfeilern, das hochgezogene maßwerkgeschmückte
gotische Mittelschiffsfenster, ebenso mit Kronwerk geschmückt die
schmalen Blenden und Glockenstubenfenster der beiden Obergeschosse,
seitlich vom Eingang ein Treppentürmchen; ebenfalls einheitlich die
Wirkung der Langhausseiten mit den fischblasengeschmückten Fenstern,
an der Nordseite zwischen Langhaus und Querhaus abermals ein
schlankes Treppentürmchen (Bild 17).
Im Innern, das gleichfalls
einheitlich klar wie der Außenbau, stammt die Mensa des Hochaltars
noch aus der Zeit der Erbauung des Chors. Den rechten marmornen
Seitenaltar schmückt ein Gnadenbild, 18. Jahrhundert, und in der
Mitte ein frühgotisches Gnadenbild, 14. Jahrhundert. Im oberen
Mittelfenster des Chors leuchtet das dreiteilige Glasgemälde, das
der Kölner Erzbischof Hermann v. Hessen († 1508) der Kirche
gestiftet, und das die gleiche Herkunft verrät, wie das in seinem
Auftrag für den Kölner Dom verfertigte Fenster (Bild 14): unten das
große Wappenstück des Erzstiftes; links der knieende Stifter mit dem
hl. Augustin, dem Patron der Bödinger Chorherren; rechts die hl.
Elisabeth als Schutzheilige von Hessen. Im Oberteil die Kreuzigung
mit Maria, Magdalena und Johannes und im Maßwerk ein wunderbares
Farbenspiel silbergelber Töne. Der lebensgroße Kruzifixus (2. Hälfte
15. Jahrhunderts) im Triumphbogen sah früher auf zahlreiche
skulptierte Grabsteine herab, die Boden und Wände bedeckten; heute
auf einem neuen Bodenbelag und nur noch auf das figürliche
Epitaphium der 1599 verstorbenen Elisabeth v. Schwarzenberg im
nördlichen Seitenschiff. Ein Gemälde im Pfarrhaus (1621) zeigt das
Innere der Kirche, bevor 1762 der Lettner beseitigt wurde.
Von den Klostergebäuden stehen
noch zwei Flügel mit Jahreszahlen 1677, 1692 und 1732. Der
nordöstlich vorspringende Eckbau von 1732, früher Sommerrefektorium,
hat eine höchst originelle Wandaufteilung: um eine barocke
Muttergottesstatue in der bedachten Mittelnische über einem schönen
schmiedeeisernen Leuchterarm derselben Zeit eine zweigeschossige
Säulenstellung; aber die Säulen sind romanisch und entstammen
höchstwahrscheinlich der Ende 17. Jahrhunderts abgebrochenen
romanischen Kapelle zu Dondorf (s. Wilhelm Effmann i. d. Zeitschr.
f. christl. Kunst D). Gleichen Ursprungs wird auch der barock
anmutende architektonische Schmuck des Heiligenhäuschens (1684) am
Ausgang des Dorfs nach Blankenberg sein.
Literatur: Edmund Renard, „Die
Kunstdenkmäler des Siegkreises“, 1907. — Heinrich Oidtmann, „Die
Rheinische Glasmalerei‘, II. 1929. — Paul Clemen, „Die Gotische
Monumentalmalerei der Rheinlande“, 1930.
CARLHEINZ PFITZNER. Bonn 1936.
|