1. Burg
Hülchrath. Blick auf den Torturm.
Geschichte.
Da es den Erzbischöfen von Köln bei dem Freiheitsdrang der Bürger in
der Stadt nicht immer geheuer war, sahen sie sich in der Umgebung
nach festen Plätzen um. So entstanden im 13. Jh. bischöfliche
Residenzen in Godesberg, Poppelsdorf, Lechenich und anderen Orten.
Die Herrschaft wurde gesichert durch befestigte Städte wie Zons,
Neuß, [Kempen und durch Burgen wie Hülchrath, Liedberg, Linn und
viele andere. Die Burg trägt nach dem Flurnamen (Hilkerode) und dem
Rittergeschlecht Hülchrath, das hier im 12. Jh. saß, ihren Namen.
Die Grafschaft war im 13. Jh. Lehen des Erzbistums. Die Erzbischöfe
versuchten nach dem Kampf an der Ulrepforte zu Köln (1268) und nach
der Schlacht bei Worringen (1288) ihre Macht fester in den Burgen
und Schlössern auf dem Lande zu verankern, während die Stadt ihre
Wehrfähigkeit durch Aufnahme eines Teiles des rheinischen Adels als
Edelbürger stärkte. Zu Anfang des 14. Jh. wurde Hülchrath vom Kölner
Domkapitel für 30 000 Gg. gekauft, nachdem es mehrfach unter den
einheimischen Fürsten unter ihnen befand sich ein Gegenspieler der
erzbischöflichen Politik, Graf. Dietrich von Kleve - den Besitzer
gewechselt hatte. Die Burg, die im 14. Jh. neu aufgebaut wurde,
wurde wie Liedberg und Linn einem Amtmann übertragen und gelangte
1605 unter die persönliche Botmäßigkeit des Erzbischofs. Hülchrath
ist in viele kriegerische Auseinandersetzungen hineingezogen worden.
Im Truchsessischen Krieg (1583»vurde es von Herzog Friedrich von
Sachsen erobert. Die zerstörten Befestigungen wurden z. T. mit
Steinen vom Obertor in Neuß wiederhergestellt und durch Einbeziehung
der Ortschaft verstärkt. Als das aus den Truppen Bernhards von
Weimar gebildete Heer im Dreißigjährigen Krieg durch die Lande am'
Niederrhein zog, wurde Hülchrath fünf Tage beschossen (1642) und
mußte sich ergeben. Im Jahre 1676 hat der Fürstbischof von Osnabrück
das Schloß erobert. Die Erweiterung der Burg vom Anfang des 17. Jh.
wurde 1688 niedergelegt.
2. Burg
Hülchrath, Ansicht nach Merian 1646
Anlage und
Aufbau. In den unzugänglichen Wiesen und Wäldern der sumpfigen
Erftniederung wurde die Burg auf einer künstlichen Erdschüttung
errichtet, die, wenn man der Abbildung bei Merian trauen darf, einst
von einem dreifachen Ring von Gräben umgeben war (Bild 2). Ein
solcher Verteidigungshügel, „Motte" genannt, der einst durch Gräben,
Palisaden und einen in Fachwerk gebauten Fliehturm geschützt war,
ist noch heute in der Nähe von Hülchrath beim Hambroicher Hof
erhalten. Aus diesen Hügeln hat sich die Rundburg und polygonale
Anlage entwickelt (Bild 3). Andere polygonale Anlagen sind Linn,
Moers und Randerath, die alle schon in romanischer Zeit im Besitz
eingesessener Rittergeschlechter waren. Erst bei zunehmender
tektonischer Durchgliederung der Baukörper entstanden die
rechtwinklig um einen Hof angeordneten Grundrisse.
3. Burg
Hülchrath, Grundriß
Die Burg
besteht aus einem an den äußeren Graben angelehnten, mit zwei runden
Ecktürmen bewehrten, zweigeschossigen Vorwerk (Bild 4—6) mit der
äußeren Toranlage der alte gotische Torbau lag nicht in der Mitte,
sondern am Südende — und den Gebäuden für die Landwirtschaft sowie
aus der eigentlichen Hochburg (Bild 1 u. 7). Diese lag auf einer
Insel inmitten des heute zugeschütteten inneren Burggrabens. Vorburg
und Hochburg waren also ursprünglich wie bei Burg Linn jede für sich
mit Gräben umgeben. Die landwirtschaftliche Entfaltung mit
denerforderlichen ausgedehnten Anlagen war für die Burg so
bestimmend wie die großen Gräben der Niederung, die die Grundlage
für ihre Verteidigung bildeten.
4. Burg
Hülchrath, der ursprüngliche Torbau
Die Burg
besteht aus einem an den äußeren Graben angelehnten, mit zwei runden
Ecktürmen bewehrten, zweigeschossigen Vorwerk (Bild 4—6) mit der
äußeren Toranlage der alte gotische Torbau lag nicht in der Mitte,
sondern am Südende — und den Gebäuden für die Landwirtschaft sowie
aus der eigentlichen Hochburg (Bild 1 u. 7). Diese lag auf einer
Insel inmitten des heute zugeschütteten inneren Burggrabens. Vorburg
und Hochburg waren also ursprünglich wie bei Burg Linn jede für sich
mit Gräben umgeben. Die landwirtschaftliche Entfaltung mit
denerforderlichen ausgedehnten Anlagen war für die Burg so
bestimmend wie die großen Gräben der Niederung, die die Grundlage
für ihre Verteidigung bildeten.Im Süden war ein geräumiger Zwinger
vorgelagert. In Hülchrath befindet sich nur an der Angriffseite ein
Zwinger, während die einem Zwinger umgeben ist. Der alte gotische
Torbau im Osten (Bild 4), der jetzt als Scheune dient, ist ein
Backsteinbau, dessen Kanten mit Trachyt verklammert sind. Er öffnet
sich nach außen in einem Spitzbogen, über dem unglasierte Tongefäße
eingemauert sind. Der Spitzbogen ist in eine größere, mit einem
Segmentbogen abgeschlossene Blende eingefügt. In dieser Blende lief
das Fallgatter, das durch Ketten in einer senkrecht nach oben
verlaufenden Rinne mit dem Wehrgang des obersten Geschosses
verbunden war. Die Rinne diente zugleich als Ausguß für den Gußerker.
Ursprünglich war der über Spitzbogen auf Konsolen vorkragende
Wehrgang an den vier Ecken mit Erkertürmchen bewehrt, wie es beim
Bergfried der Fall ist. Die stehengebliebenen Konsolen an den Ecken
lassen darauf schließen. Von der mit einer Tonne eingewölbten
Durchfahrt führt in der Mauerstärke eine Treppe in die Wachtstube.
In dem nach Westen liegenden Kamin sind die Feuer längst erloschen.
Nach Osten öffnen Fenster, die in tiefen Mauernischen liegen, die
Sicht in das weite, fruchtbare Ackerland der Erftniederung.
5. Burg
Hülchrath, Ostseite der jüngeren Vorburg
Die Burg ist
durch eine innen offene Ringmauer (sog. hohen Mantel) mit
zweigeschossiger Bogengliederung und vier nach innen offenen
halbrunden Türmen sowie durch einen mächtigen Torturm befestigt. An
den größten Teil der Ringmauer sind keine Gebäude angelehnt. (Vgl.
Schildmauer der Schönburg bei Oberwesel, Ringmauer der Burg
Liedberg.) Den modernen Anbau, der einer falschen Burgenromantik
seine Entstehung verdankt, sollte man wieder entfernen. Die Stärke
der Ringmauer beträgt 1,75 m. Der Wehrgang ist 1,20 m breit. Die
Mauern der mittelalterlichen Burgen waren im Gegensatz zu den
römischen oder den auf römischer Grundlage entstandenen Anlagen, die
bis 3 m breit waren, selten stärker. Der Torturm bildet
gewissermaßen als Bergfried den Kern der gesamten Anlage. Das Tor
mit der mittlerweile zerstörten Zugbrücke führte nicht wie in der
Abbildung Merians durch diesen Turm hindurch, sondern es befand sich
immer neben dem Turm. Ihm gegenüber im Süden an der Außenmauer lagen
der Palas und die Wohngemächer. In der Mitte des Burghofes war ein
Brunnen. Das Mauerwerk des fünfgeschossigen Torturms und der nach
Osten anschließenden Mauer besteht im Unterbau aus Basalt und
Ausgleichschichten von Bruchstein und Tuff, im Oberbau aus Tuff mit
einzelnen Bruchsteinen. Pfosten, Sturz und Sohlbänke der Fenster
sowie die Kragsteine des Wehrgangs sind aus Trachyt. Für die
Kragsteine, auf denen der mit einem Schleppdach in die Turmpyramide
eingefügte Wehrgang mit seinen vier Ecktürmen ruht, hat man wie in
der Burg Lechenich zum Teil Grabsteine von Judenfriedhöfen mit
hebräischen Inschriften benutzt. Beachtung verdienen die Gußlöcher
und Schießscharten, die an dem Torturm besonders für den Nahkampf
eingerichtet wurden.
6. Burg
Hülchrath, Vorburg
Die Gußlöcher
sind zum Teil gemauerte — eins nach dem Schloßhofe zu ist gewölbt ,
zum Teil nur durch Balken abgestützte Öffnungen, zum Teil sind es
wie am gotischen Tor der Vorburg Erker, die vorkragen. Die oberen
Geschosse des Turms, der sich in einem großen, aus Tuffquadern
aufgemauerten Rundbogen von der Breite des Baukörpers nach dem
Schloßhof zu öffnet, sind durch einen Treppenturm aus Ziegeln an der
Südwestecke zugänglich. Während der Bergfried aus Haustein besteht,
ist im übrigen in der Regel nur für den Unterbau Haustein oder
Bruchstein verwendet worden, für den Oberbau dagegen Backstein. Man
kann also gewissermaßen den Übergang von Haustein zum Backstein an
der Burg kennenlernen. Offenbar hat man in dieser Weise den Haustein
und Backstein allgemein eine Zeitlang nebeneinander verwendet. In
den Burgen von Bedburg, Lechenich und Linn ist man ganz zum
Backstein übergegangen. Der am Hof liegende westliche Halbturm, die
Mauern und der Palas haben Unterbauten aus Tuff und Basalt. Die drei
Blenden zwischen diesem Turm und dem Palas sind aus Sandstein. Der
Haustein wird hier also für die gliedernden Teile eingesetzt, für
die er bald im Backsteinbau besondere Bedeutung bekommen sollte. Vom
Palas ist fast nur die Außenmauer erhalten. Im Hauptgeschoß wird die
Mauer nach außen von Stichbogenfenstern und einer großen gotischen
Lichtöffnung (3,40: 1,55 m) mit reich profilierten Blenden
durchbrochen. Das Erdgeschoß bildet eine zweischiffige Halle mit
Tonnengewölbe, das von drei wuchtigen Vierkantpfeilern abgestützt
wird.
7. Burg
Hülchrath, Hochschloß mit Bergfried und Torburg des 14. Jh.
Wie Udie von
Wildeman zugänglich gemachten Aquarelle von Hülchrath aus Schloß
Paretz vom 18. Jh. erkennen lassen, war dem Palas im Schloßhof einst
eine mit Säulenstellungen ausgestattete Fassade vorgeblendet (Bild
9). (Vgl. Bedburg, Rheydt, Millendonk u. a.) Das Tor des Vorwerks
mit seinem ragenden Treppengiebel und seinem Portikus, dessen
Rundbogen von gedrungenen Pilastern begleitet wird (Bild 6) sowie
ein vereinsamtes Gartenhäuschen des 18. Jh. können uns heute nur
eine schwache Vorstellung von diesem fürstlichen Hof des
Hochschlosses geben.
8. Burg
Hülchrath, Ansicht des Hochschlosses
Die
Ortschaft. Das Gemeinwesen Hülchrath (Hilkerode) macht durchaus
den Eindruck einer gegründeten Ortschaft, die offenbar durch Rodung
dem Bruchland abgerungen wurde. Sie ist auf der Grundlage eines
regelmäßigen Rechtecks angelegt und besteht aus einem rechtwinkligen
Straßenkreuz, von dem ein Arm auf die Vorburg führt. Obwohl
Hülchrath schon 1321 als Stadt bezeichnet wurde, ist es erst
verhältnismäßig spät mit Mauern befestigt worden. Erst 1608 wurden
von dem Koadjutor Ferdinand von Bayern die Mauern erbaut und in die
Vorwerke der Burg einbezogen. Nach 80 Jahren wurden sie schon wieder
geschleift. Die kleine Kapelle mit sechseckigem Dachreiter ist ein
einschiffiger Backsteinbau und hat eine anspruchslose
Rokokoausstattung. Sie wurde im Jahre 1737 erbaut, nachdem die
gemeinsamen Bande, die die Herren auf der Burg mit den Bauern
verbanden, längst gelockert waren.
9. Burg
Hülchrath, Innenhof des Hochschlosses nach einem Gemälde von F.A.
Reuter vom Jahre 1795 in Schloß Paretz
Heute ist die
Landesbauernschaft in die Burg Hülchrath eingezogen. Die Stätte, die
einst dem Schutze des Bauern und seines Ackerlandes diente, ist zu
einem neuen Vorposten bäuerlicher Pionierarbeit geworden.
Schrifttum:
Paul Clemen, Die Kunstdenkmäler des Kreises Grevenbroich, Düsseldorf
1897, S. 42 ff. (dort weitere Angaben). —
Zeitschr. des Rheinischen Vereins f. Denkm. u. Heimatsch. 1908, S.
119, 152, 155. —
R. Klapheck, Die Baukunst am Niederrhein, Düsseldorf 1916, Bd. I, S.
47 ff. —
Th. Wildeman, Rheinische Wasserburgen und wasserumwehrte
Schloßbauten, Köln 1937.
J. HEINRICH
SCHMIDT, Düsseldorf 1937. |